Wenn Übersetzungen nicht häufig durchzuführen sind und somit kein „Stammlieferant“ für Übersetzungen vorhanden ist, stehen viele Unternehmen vor der Frage: „Was sind die Kriterien, nach denen ich einen Übersetzer oder ein Übersetzungsbüro auswählen soll?“ Wenn es sich dabei noch um Unternehmen handelt, die nach ISO 9001 zertifiziert sind, wird diese Fragestellung noch komplexer.

Anforderungen der ISO 9001

Die ISO 9001 fordert von Unternehmen, dass diese die Anforderungen an bezogene Produkte (dazu zählen dann auch Dienstleistungen wie die Übersetzung) ermitteln. Das fällt in der Regel relativ leicht. Bei einer Übersetzung möchte man die Dienstleistung in einem vorher definierten Zeitraum durchgeführt haben und ebenfalls, dass diese korrekt ausgeführt wurde, was die Qualität angeht. Allerdings fordert die ISO 9001 von den Unternehmen auch, dass die Lieferanten von qualitätsrelevanten Produkten bewertet werden müssen. Dass es sich bei einer Übersetzung in der Regel um ein qualitätsrelevantes Produkt handelt, steht wohl außer Frage. Die Lesbarkeit und Korrektheit, zum Beispiel einer Bedienungsanweisung, hat starken Einfluss auf das subjektive Qualitätsempfinden des Kunden. Nach welchen Kriterien soll jetzt aber der Unternehmer den potentiellen Lieferanten bewerten, wo er doch keine objektiven Erfahrungswerte von früheren Übersetzungen hat? Man könnte jetzt mit viel Fantasie Bewertungskriterien schaffen, die der ISO 9001 Genüge tun – man könnte die Reaktionszeit von der Anfrage bis zur Angebotserstellung nehmen oder aber auch den ersten Eindruck am Telefon. Dies alles dient aber in dem Fall dann nur dazu, der Norm gerecht zu werden und stellt eigentlich keinen wesentlichen Vorteil dar.

Wonach soll das Unternehmen dann entscheiden?

Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten – verfügt der Dienstleister selbst über ein Qualitätsmanagementsystem und ist vielleicht nach EN 15038 zertifiziert? Was die meisten Unternehmen nicht wissen: es gibt eine Qualitätsmanagementnorm die direkt für Übersetzungsbüros und freie Übersetzer geschaffen wurde. Und das ist die EN 15038!

Was enthält die EN 15038? In der EN 15038 ist ein Qualitätsmanagementsystem vorgegeben, dass direkt auf die Übersetzungsdienstleistung angepasst wurde. So wie auch in der ISO 9001, gibt es zum Beispiel Vorgaben zur Durchführbarkeitsprüfung (in der 9001 ist das die Prüfung, ob die Kundenanforderungen erfüllt werden können). Ebenso geht die Norm sehr intensiv auf die einzelnen Arbeitsprozesse für die Erbringung von Übersetzungsdienstleistungen ein (und auch die 9001 verfolgt ja den prozessorientierten Ansatz). Und was letztendlich das Wichtigste ist, während die ISO 9001 nur sehr rudimentär von personellen Ressourcen und in dem Zusammenhang von „Kompetenz, Schulung und Bewusstsein“ spricht, so geht die EN 15038 darauf wesentlich detaillierter und ausführlicher ein. Dies ist auch richtig so und dem Umstand geschuldet, dass bei einem Dienstleister eben nicht zum Beispiel die verarbeiteten Rohmaterialien den größten Einfluss auf die gelieferte Qualität haben, sondern die durchführenden Personen. Unternehmensinterne Prozesse können noch so gut gelenkt werden und der Projektstatus noch so gut verfolgbar sein, wenn die übersetzende Person nicht die fachlichen Qualifikationen, Fähigkeiten und Erfahrungen hat die nötig sind, dann wird auch dementsprechend die Qualität der Übersetzung ausfallen. Und in dem Falle spielt es dann auch keine Rolle, ob eine EN 15038 Zertifizierung vorliegt. Selbst wenn diese aus finanziellen Gründen nicht erfolgt ist – ein Übersetzungsdienstleister, der nach dieser Norm arbeitet, gibt seinem Kunden eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit auf eine gute Dienstleistung. Denn diese Norm ist nicht nur eine Zertifizierungsgrundlage. Sie bietet Übersetzungsdienstleistern mit einem hohen Qualitätsanspruch auch eine gute Grundlage – oder besser einen Handlungsleitfaden – interne Regeln und Arbeitsabläufe aufzustellen, die einer Qualitätssteigerung der Dienstleistung entsprechen.

Fazit

Somit kann ein Bewertungskriterium (vielleicht auch das einzige Kriterium) sein, ob der Dienstleister nach EN 15038 zertifiziert ist oder aber freiwillig ein Qualitätsmanagementsystem angelehnt an diese Norm betreibt. Somit kann das beauftragende Unternehmen sicher sein, eine gute Dienstleistungsqualität zu bekommen, die direkten Einfluss auf die Qualität seiner verkauften Produkte hat.

Über den Autor

Michael Thode ist ausgebildeter Qualitätsmanagement Auditor mit kaufmännischem Hintergrund und hat jahrelange Erfahrung im Einkauf und Vertrieb bei international tätigen Handelsunternehmen.

Kontakt:  thode@loesungsfabrik-bodensee.de

Der DVÜD unterstützt freiberufliche Übersetzer mit einem Handbuch, das die DIN 15038 in Gänze ausführlich beschreibt.

 

 

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