Das DVÜD-Team Imke, Isabelle und Olga (von links) beim Germersheimer Praxistag 2018 (Foto: DVÜD)

An einem sonnigen Freitagmorgen im Juni begannen die Praxistage 2018 in Germersheim und Leipzig, bei denen der DVÜD Optionen für eine mögliche Selbstständigkeit nach dem Studium aufzeigte.

Germersheim: FAQ für angehende Freiberufler (Bericht von Olga Kuzminykh)

Am Fachbereich für Translation, Sprache und Kultur (FTSK) der Johannes Gutenberg Universität Mainz in Germersheim rückten gleich drei Beirätinnen an: Imke, Isabelle und ich. Nach dem Aufbau der Tische und dem Auslegen der Marketingmaterialien blieb ein wenig Zeit für Smalltalk mit Kolleginnen und Kollegen von anderen Verbänden (BDÜ Rheinland-Pfalz, ATICOM, ADÜ Nord), die mit ihren Infoständen ebenfalls im Foyer vertreten waren, und mit Vertreterinnen und Vertretern von Übersetzungsbüros sowie Softwareanbietern wie der Across GmbH, die unser unmittelbarer Nachbar war.

Zum Vortrag, den Isabelle und ich zum Thema „FAQ für angehende Freiberufler“ vorbereitet hatten, kamen die Studentinnen und Studenten trotz Mittagszeit in Scharen. Der Vortrag verlief nicht ohne Abenteuer: Zuerst musste kurzfristig ein neuer Raum gefunden werden, danach gab es wegen der Germersheimer Sommerhitze (oder dem Entsetzen über die Bürokratie, mit der Selbstständige in Deutschland konfrontiert werden?) einen kleinen Zwischenfall, denn plötzlich lag jemand bewusstlos auf dem Flurboden. Zum Glück nichts Schlimmes, aber aufregend genug. Anschließend verlief der Vortrag jedoch reibunglos, es gab viele Fragen und einige schrieben eifrig mit, während wir von unseren ersten Schritten im freiberuflichen Leben erzählten. Nach dem Vortrag kam es noch zu einigen interessanten Diskussionen mit den Studierenden.

Am Infostand war mittlerweile jede Menge los: Das Informationsbedürfnis war hoch und Imke ständig im Gespräch. Die Ablösung klappte gerade noch, ehe Imke zur Diskussionsrunde über die maschinelle Übersetzung verschwand. Einige Studierende suchten aktiv das Gespräch, andere blieben eher zurückhaltend im Hintergrund. Aber am Ende des Tages war klar: Der DVÜD rockt! Zwar hatte man moch recht selten von uns gehört, aber durchaus Interesse an unserem jungen, aufgeschlossenen und kreativen Verband.

Podiumsdiskussion zu Maschinenübersetzung (Bericht von Imke Brodersen)

Eher versehentlich landete ich als Literaturübersetzerin nicht in der Diskussion „Was machen Literaturübersetzer, wenn sie nicht gerade Literatur übersetzen?“, sondern in der Podiumsdiskussion MÜ, wo ich mit Vertreterinnen und Vertetern des BDÜ Rheinland-Pfalz (Holger Knoblauch), des ADÜ Nord (Georgia Mais) sowie des Übersetzungsbüros EVS Translations und der Softwareschmiede SDL über die Chancen und Grenzen von MÜ (bzw. MT) sprach. Einigkeit besteht in der klaren Aussage: MÜ kommt und lässt sich nicht aufhalten. Für bestimmte Zwecke (grobe Information über ungefähre Inhalte in der Fremdsprache) ist die Technik auch sinnvoll und wird viel genutzt – auch alle Anwesenden hatten damit schon experimentiert. Allerdings würde sich kaum jemand solche Inhalte bezahlt übersetzen lassen.

Andererseits sind neurolinguistische Netzwerke immer nur so gut wie ihr Futter („garbage in = garbage out“) und eignen sich weder für jede Sprachrichtung noch für jedes Thema. In Kombination mit DeepL sind SDL Trados und Across insbesondere für Rechtstexte und Verwaltungstexte gut brauchbar – je nach Textintention („Welches Recht hätten Sie denn gern – deutsches, britisches, ‚europäisches‘?“) und Vertraulichkeitsstufe. Im Einzelfall können individuelle Übersetzungsmaschinen sinnvolle Ergebnisse erbringen, wenn gezielt die passenden Korpora eingebunden werden und gut ausgebildete Experten das Ergebnis beurteilen. Die Anforderungen an die Revision sind dabei deutlich höher als bisher, weil im täuschend „glatten“ Text Sach- und Kontextfehler leicht untergehen (siehe auch Andrea Bernards Gastbeitrag zu DeepL von Mai 2018).

Übersetzer müssen sich diese Situation bewusst machen. In Bereichen wie Marketing, Literatur, Wissenschaft und Forschung dürften Übersetzer vermutlich am langsamsten überflüssig werden. Freiberufler brauchen in Zukunft neue Geschäftsmodelle mit Mehrwert gegenüber der Maschine (z. B. Gewährleistung der Vertraulichkeit, Projektmanagement, inhaltliches Feedback, Transkreation, Textoptimierung gemäß SEO-Kriterien) und sollten sich als hochqualifizierte Dienstleister positionieren: weg von Wort- oder Zeilenpreisen, hin zu Stundensätzen. Denn der geistig erfasste, auf inhaltliche Logik und fachliche Richtigkeit geprüfte Output ist nicht beliebig steigerbar.

Wir sollten dieses Gebiet jedoch sehr genau beobachten, insbesondere im Hinblick auf Möglichkeiten, mit vertretbarem finanziellen Aufwand und technischem Knowhow eigene Übersetzungsmaschinen zu installieren.

Wir hätten gern mehr Vorträge und Diskussionen anderer Kollegen miterlebt, jedoch hatten wir als Aussteller einfach keine Zeit dazu. Notiz für die Zukunft: Mehr DVÜD-Kollegen mitnehmen, damit man sich abwechselt und auch bei den Vorträgen mithört. Mit kostbaren Visitenkarten, dem Kopf voller Infos und glücklichem Herzen kehrten wir abends nach Hause zurück.

IALT-Praxistag (Bericht von David Terhart)

Am Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie der Universität Leipzig, wo die nächste Generation der Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen ihr Handwerk lernt, fand am 8. Juni 2018 der „IALT-Praxistag“ statt. Dort stellten Carolin und ich unseren kleinen, feinen Verband vor und führten anschließend zahlreiche Rundtischgespräche mit den Studis. Besonders interessiert waren diese an den zahlreichen unterschiedlichen Berufswegen, die es in unserer Branche gibt. Ob man nun Übersetzen studiert und sich anschließend eine Spezialisierung sucht oder direkt vom Fach kommt und „gut mit Sprachen“ kann, ob man fest oder frei für Agenturen, frei für Direktkunden, als Dolmetscher für die Gerichte oder Vollzeit im Sprachendienst des Innenministeriums arbeitet – unsere Profession ist wohl eine der diversifiziertesten überhaupt, und der DVÜD ein hervorragendes Dach, unter dem sich viele der Einzelkämpfer da draußen zusammenfinden.

Am Ende des Tages verließ ich die Uni in dem guten Gefühl, einen positiven Eindruck des Verbandes hinterlassen und viele sehr freundliche und interessierte Menschen getroffen zu haben. Dafür, dass ich so etwas zum ersten Mal gemacht habe, war es gar nicht so schlecht!

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