– durchdacht durchstarten dank intensivem Input von DVÜD-Kollegen

Am 03. November 2019, dem Tag nach der ersten Offline-Mitgliederversammlung des DVÜD, fand von 10:00 bis 12:30 Uhr im Gewerkschaftshaus in Frankfurt der Durchstarter-Workshop „Mentoring auf Augenhöhe“ statt. Beiratsmitglied Isabelle Brandstetter fasst zusammen, was das Konzept genau ausmacht, welche Erkenntnisse in den Gesprächen gewonnen wurden und wie der Workshop bei den teilnehmenden Mitgliedern ankam.

Im Vorfeld hatten die zwölf Teilnehmer die vierseitige Informations- und Arbeitsgrundlage „Mein Geschäftskonzept für 2020 bis 2025“ erhalten, mit der sie sich anhand der SMART-Methode in Ruhe einige spezifische, messbare, attraktive, realistische und terminierte Ziele für die kommenden Monate und Jahre setzen konnten. Dabei dienten konkrete Kategorien (Berufliches: Entwicklung und Karriere; Privates: Selbstfürsorge, Familie etc.; Finanzielles: Einkommen, Altersvorsorge, Anlagen etc.) und verschiedene Fragen pro Kategorie (Wie kannst du dein Geschäftsmodell ändern, damit du zufriedener damit bist? Mit welchen Anlageformen und Investitionen kannst du deine Altersvorsorge absichern? Wie kannst du kurz- und langfristig deine Work-Life-Balance verbessern?) als Reflexionsanstöße. Die Überzeugung dahinter: Erfolg lässt sich maßgeblich durch klare Zielformulierungen beeinflussen.

Gegenseitiges Mentoring

Um kurz nach 10:00 Uhr fanden sich am Sonntagmorgen alle teilnehmenden Mitglieder, gut ausgeruht von der erfolgreichen Mitgliederversammlung am Vortag, im geräumigen Willi-Richter-Saal des Gewerkschaftshauses ein. Zum Glück waren wir nicht mehr in einem der kleineren Räume untergebracht, die wir am Freitag und Samstag genutzt hatten, denn Imke Brodersen lud nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in unser 2018 entwickeltes Durchstarter-Konzept zügig zum tiefgehenden Austausch in Kleingruppen, die sich problemlos im Saal verteilen konnten. Es ergab sich eine Aufteilung in drei Vierergruppen, wobei Imke großen Wert auf deren heterogene Zusammensetzung legte: Besonders erfahrene Mitglieder und Berufsanfänger sollten miteinander sprechen, genauso wie Teilnehmer mit unterschiedlichen Arbeitssprachen und Spezialisierungen. Wichtig war Imke außerdem, dass sich nicht gerade diejenigen zusammentaten, die sich privat und/oder beruflich schon gut kannten oder bei denen aufgrund der Sprachen und Fachgebiete direktes Konkurrenzpotenzial bestand. Das stellte aufgrund unserer aufgeschlossenen und neugierigen Mitglieder keinerlei Problem dar, sodass es um 10:15 Uhr schon losgehen konnte mit der Gruppen„arbeit“. 

Jede Gruppe konzentrierte sich etwa 20 Minuten lang auf Herausforderungen, Probleme, mögliche Lösungen und vor allem Ziele eines Gruppenmitglieds. Trotz der großen Unterschiede in ihrem Arbeitsalltag und ihrer Erfahrung als selbstständige Sprachdienstleister machten unsere Mitglieder einige Themen aus, die bei den meisten freiberuflichen Übersetzern und Dolmetschern – und auch Selbstständigen im Allgemeinen – früher oder später zu einer zentralen Fragestellung oder einer zu überwindenden Hürde werden. Eine Schwierigkeit dabei war, die eigenen Wünsche und Ziele nicht nur zu identifizieren, sondern anschließend zu priorisieren und konkrete Umsetzungsschritte festzulegen. Das gelang, indem sich die Teilnehmer offen über ihren jeweiligen Arbeitsalltag austauschten und auch mal nachbohrten, um die wahren Schmerzpunkte ihrer Kollegen zu erfahren – natürlich ohne jeglichen Druck oder Zwang, sodass nur seine Komfortzone verließ, wer dazu wirklich bereit war.

Der Arbeitsplatz: Nicht nur Homeoffice

In einer Gruppe kam schon früh die Frage auf, wie die anderen Mitglieder ihren Arbeitsplatz gestalten. Ausgangspunkt war ein Wunsch nach einem Büro außerhalb der Wohnung, um Arbeit und Freizeit besser voneinander trennen zu können. Hierzu gingen die Meinungen auseinander: Während die einen an ihrem Beruf gerade schätzen, dass sie ihn meist von zu Hause aus ausüben können, möchten vor allem diejenigen, die mit einer größeren Familie zusammenleben, lieber nicht im Homeoffice arbeiten. Und während Teilnehmer, die alleine oder nur mit einem Partner wohnen, zum Teil sogar ohne eigenes Arbeitszimmer ausgezeichnet organisiert sind, ist ein Büro in einem separaten Raum für andere ein absolutes Muss. Die Gruppenmitglieder tauschten sich rege über ihre Erfahrungen aus und erzählten von Coworking Spaces, Projektaufträgen im Team, (un)geregelten Geschäftszeiten im Homeoffice und mehr oder weniger klaren Absprachen mit der Familie in Bezug auf Zeiträume, in denen man nicht gestört wird, die Verteilung der Aufgaben im Haushalt et cetera. Hier ging es auch um die Work-Life-Balance sowie um die Herausforderung, nicht immer Geschäftsfrau oder -mann zu sein und aktiv abschalten zu lernen.

Zu einem verwandten Thema wurde in zwei der drei Gruppen über die Vor- und Nachteile der Kombination einer freiberuflichen Tätigkeit mit einem Angestelltendasein diskutiert, die einigen den graduellen Übergang zur Selbstständigkeit in Vollzeit ermöglicht und für andere der ideale Weg ist, um ihre Bedürfnisse nach Sicherheit und Selbstbestimmung auf lange Sicht miteinander zu kombinieren. Hier hatten die meisten Teilnehmer schon die für sie passende Lösung gefunden: Die Mehrheit arbeitet in Vollzeit als freiberufliche Sprachdienstleister, nur wenige sind in Teilzeit angestellt – zum Beispiel in der Pflege oder in der Erwachsenenbildung –, und von ihnen streben nicht alle die Freiberuflichkeit in Vollzeit an, oder sie haben noch ein  weiteres Standbein als Selbstständige in Aussicht, etwa im Online-Marketing. Es bestand weitestgehend Einigkeit darüber, dass es in der Anfangszeit der Freiberuflichkeit für die meisten Berufseinsteiger eine finanzielle sowie mentale Entlastung ist, mit einem festen monatlichen Einkommen rechnen zu können.

Dauerthema Akquise

Gerade für Kollegen, die erst seit einigen Monaten bis Jahren selbstständig sind, ist die Kundenakquise ein zentraler Punkt, mit dem wir uns schon am Vortag im Gespräch mit der Anwältin Sabine Nielsen zum Thema Kaltakquise auseinandergesetzt hatten. Daran knüpft der schrittweise Austausch des Kundenstamms an, den sich einige Teilnehmer zum Ziel setzten, die mit den derzeitigen Honoraren, die ihre Kunden zu zahlen bereit sind, noch nicht zufrieden sind. Die Mitglieder waren sich einig, dass ein solches Vorhaben viel Durchhaltevermögen fordert, aber für die Freude an der Arbeit, die Zukunftssicherheit des eigenen Unternehmens – ebenfalls ein Thema, über das ausführlich gesprochen wurde: sich selbst als Unternehmer wahrnehmen – und auch für den Kampf gegen Dumpingpreise in unserer Branche unerlässlich ist.

Neben dem Aufbau eines stabilen Kunden- und Kollegennetzwerks ist nämlich ein professioneller Auftritt nach außen wie nach innen entscheidend für den langfristigen Erfolg, darüber herrschte in den Gruppen Übereinstimmung. Ob der Außenauftritt über eine Website, Social-Media-Präsenzen, Offline-Werbung, Mundpropaganda oder die gute alte Visitenkarte erfolgen sollte, ob möglichst viele Kanäle gleichzeitig bespielt werden sollten oder weniger vielleicht mehr ist: Hier schieden sich zum Teil die Geister und es zeigten sich auch durchaus generationelle Präferenzen.

Was jedoch alle Teilnehmer einte, war ihr Wissensdurst und ihre Hilfsbereitschaft, und so wurde sich zwischendurch immer wieder über hilfreiche Tools für Übersetzer und Dolmetscher, Auftragsplattformen und Mailinglisten, zu empfehlende Netzwerktreffen und Weiterbildungen und vieles mehr ausgetauscht. Ebenso unabhängig vom Alter – und das zeugt davon, dass auch unsere jüngeren Teilnehmer bereits langfristig denken und sich umfassend mit ihrer privaten wie beruflichen Zukunft auseinandersetzen – wurde die Altersvorsorge als wichtiges Thema genannt und über unterschiedliche Strategien mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen diskutiert.

Ausprobieren und dranbleiben!

Um 12:00 Uhr, dem geplanten Ende des Workshops, waren die Diskussionen in den Gruppen noch in vollem Gange. Erst 20 Minuten später, als die ersten Mitglieder für den unwahrscheinlichen Fall pünktlicher Zugabfahrten aufbrechen mussten, begannen sich die Gruppenstrukturen langsam aufzulösen. Alle drei Gruppen vereinbarten Online- oder Offline-Folgetreffen, um sich in regelmäßigen Abständen über die während der Gespräche benannten individuellen Herausforderungen und für bestimmte Zeiträume gesteckten Ziele auf dem Laufenden zu halten, einander weiterhin zu motivieren und mit neuem Input zu unterstützen. Dass diese Weiterführung des Konzepts „Mentoring auf Augenhöhe“ ganz spontan aus der Begeisterung des Austausches heraus entstand, dürfte die Frage, ob der Workshop den Teilnehmern zusagte und ihnen neue Motivation zum erfolgreichen Durchstarten geben konnte, zu Genüge beantworten.

Wer nun Lust bekommen hat, selbst an einem ähnlichen Workshop teilzunehmen, darf sich schon mal auf das Rahmenprogramm der DVÜD-Mitgliederversammlung 2020 freuen. Auch Übersetzerstammtische und Netzwerktreffen sind gute Gelegenheiten, um solche Mentoringkonzepte ins Leben zu rufen – bei entsprechendem Interesse unserer Mitglieder organisiert Imke (imke@dvud.de) mit dem Beiratsteam auch schon vor der nächsten Offline-MV eine kurzweilige Auftaktveranstaltung mit Durchstarter-Workshop.

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