InterpreMY – Francesca Maria Frittella und Bianca Prandi GbR (Foto: Marek Wójciak)

Gastbeitrag von Bianca Prandi

„Selbst ist der Mann!“ sagt man im Deutschen — oder die Frau, in meinem Fall. Wer sich aber selbstständig machen möchte, muss es nicht unbedingt alleine tun. Nach 4 Jahren als selbstständige Konferenzdolmetscherin habe ich Anfang des Jahres zusammen mit einer Kollegin Interpremy gegründet, eine Online-Akademie für KonferenzdolmetscherInnen, und als Rechtsform die GbR gewählt.

In diesem Beitrag gebe ich Euch ein paar Tipps an die Hand für eine reibungslose, beständige Gründung und eine stressfreie Kooperation.

Was ist eine GbR?

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts — auch GbR oder BGB-Gesellschaft genannt – ist die einfachste Form von Partnerschaft, die sich sowohl für FreiberuflerInnen als auch für Gewerbetreibende eignet.

Eine GbR ist keine Kapitalgesellschaft, sondern eine Personengesellschaft: jeder Gesellschafter haftet unbeschränkt für die Schulden des Unternehmens mit dem eigenen Privatvermögen. Das sollte man sich vor Augen halten.

Ein wichtiger Vorteil bei einer GbR ist hingegen, dass man zur Gründung kein Mindestkapital aufbringen muss. Außerdem genügt für die Buchführung — wie für Selbstständige — eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR).

Von der Geschäftsidee zur Umsetzung: der Businessplan

Bevor man die formellen Schritte zur Anmeldung der GbR geht, sollte man unbedingt einen ausführlichen Businessplan erstellt haben. Unabhängig davon, ob man alleine oder als GbR gründet: mit dem Geschäftsplan steht und fällt jedes Unternehmen. Er ist also keine Formalität, sondern vielmehr ein nützliches Instrument, das Klarheit fördert.

Zu einem guten Businessplan gehören u. a.:

  • die Beschreibung des eigenen Angebots: Was möchte man den Kunden anbieten? Was ist besonders an den eigenen Dienstleistungen? Wie viel kosten sie und wie sind sie strukturiert?
  • die Marktanalyse, die man mit der SWOT-Methode durchführen kann. Dabei identifiziert man die eigenen Stärken und Schwächen gegenüber der Konkurrenz, die Chancen wie auch die möglichen Risiken auf dem Markt, sowie die Kundschaft, die man ansprechen möchte
  • der Liquiditätsplan und die Rentabilitätsrechnung: Wie hoch schätzt man die monatlichen und jährlichen Kosten ein? Außerdem sind der Umsatz, die Kosten und der Gewinn für das Rumpfjahr und für die folgenden 2 Jahre zu berücksichtigen. Ist die Geschäftsidee überhaupt rentabel?
  • die Kapazitätsplanung: Wie viel Zeit kann man dem Unternehmen widmen? Dieser Punkt ist besonders wichtig, wenn man eine GbR als zweites Standbein gründen will. Dabei würde ich empfehlen, die notwendige Zeit auch für die Kundenakquise und für die Administration zu berücksichtigen.

Ab in die Gründung

Der Businessplan steht, es fehlen nur noch einige Formalitäten. Einiges ist beim Gründungsprozess noch zu beachten:

  1. Gesellschaftsvertrag: Selbst wenn für die GbR eine mündliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern genügt, ist ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag absolut empfehlenswert. Wer sind die Gesellschafter? Wo ist der Sitz der GbR? Wie wird der Gewinn geteilt? All dies sollte im Gesellschaftsvertrag Erwähnung finden.
  2. Firmenname: Nomen est omen. Bei der Firmenkommunikation einer GbR muss immer ersichtlich sein, wer an der Partnerschaft beteiligt ist. So heißt unsere Online-Akademie offiziell „InterpreMY – Francesca Maria Frittella und Bianca Prandi GbR“. In den E-Mails oder Briefen genügt auch „InterpreMY – Frittella und Prandi GbR“, in der Werbung dürfen wir auch nur „InterpreMY“ benutzen.
  3. Anmeldung beim Finanzamt: Wir alle haben ein Anmeldeformular ausgefüllt, als wir uns als Konferenzdolmetscher bzw. Übersetzer selbstständig gemacht haben. Dasselbe gilt auch für eine GbR. Der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung – Gründung einer Personengesellschaft/-gemeinschaft wird durch die Anlagen FB ergänzt, die die persönlichen Daten jedes Mitgründers enthalten.

Der Anfang muss nicht schwer sein: die Beratung

Auch wenn man den Gründungsprozess mit KollegInnen durchgeht, kann man sich manchmal überfordert fühlen. Zum Glück muss man nicht alles alleine schaffen. In Deutschland gibt es zahlreiche Angebote sowohl für die Vor- als auch für die Nachgründungsberatung. Dabei tritt man mit unterschiedlichen Experten in Kontakt, die den Weg weisen und vor potenziellen Risiken warnen. Wir zum Beispiel haben das Angebot vom Mannheimer Gründerinnenzentrum gig7 in Anspruch genommen. Im Rahmen von 7 Beratungsterminen, deren Kosten durch den Exi-Gutschein komplett vom Land übernommen wurden, haben wir zusammen mit unserer Start-up-Beraterin, einer Finanz- und Absicherungsberaterin und einer Anwältin unsere Geschäftsidee auf Herz und Nieren geprüft. All denjenigen, die eine GbR gründen möchten, würde ich solch eine Beratung empfehlen.

Wie geht es nun weiter? Abschließende Tipps für eine erfolgreiche Zusammenarbeit

Meine Kollegin und ich waren bereits vor der Gründung sehr eng befreundet, was unsere Kooperation erleichtert hat. Nichtsdestotrotz mussten wir Wege und Instrumente finden, um unsere Zusammenarbeit weiterhin nachhaltig zu gestalten. Hier meine Tipps zum Abschluss:

  1. Haltet regelmäßige Treffen, setzt Euch dabei konkrete Ziele und bestimmt die genaue Besprechungszeit: nach 2 Stunden Gespräch findet man immer einen Grund zum Streiten…
  2. Teilt die Aufgaben klar und nach den individuellen Stärken auf: wer von Euch kommuniziert am liebsten mit den Kunden? Wer kennt sich am besten mit sozialen Netzwerken aus? Wer soll die Webseite pflegen?
  3. Wählt die richtigen Tools und nutzt sie konsequent, um die Arbeit zu strukturieren, die wichtigsten Informationen und Unterlagen immer parat zu haben und die Projekte effizient zu planen. Wir haben für uns Notion entdeckt, um unser kreatives Chaos zu organisieren.

Mein letzter und wichtigster Tipp: Besprecht die Probleme, sobald sie auftauchen. Die Kooperation bei einer GbR ist nicht immer einfach, aber zusammen ist man stärker. Und die Planung eines gemeinsamen Urlaubs, um die Geschäftserfolge zu feiern, macht zu zweit noch mehr Spaß…

Nützliche Links:

Bianca Prandi (Foto: Marek Wójciak)

Bianca Prandi ist Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin für Italienisch (Muttersprache), Deutsch und Englisch. Außerdem promoviert sie an der Universität Mainz in Germersheim mit einem Forschungsprojekt über den Einsatz von Computer-Assisted Interpreting (CAI) Tools beim Simultandolmetschen. Sie hält regelmäßig Seminare und Webinare über CAI Tools, u. a. über InterpretBank. Nach einigen Jahren als Dolmetscher-Trainerin hat sie im Januar 2020 mit ihrer Kollegin Francesca Maria Frittella Interpremy, eine forschungsbasierte Online-Akademie gegründet, die Fortbildungskurse und individuelles Coaching für KonferenzdolmetscherInnen anbietet. Wenn sie nicht in der Kabine sitzt oder coacht, ist sie wahrscheinlich im Ballettsaal oder als Mitglied des Bewegungschors auf der Bühne des Nationaltheaters Mannheim.

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