Als Übersetzer oder Übersetzerin sollte man mindestens eine Fremdsprache beherrschen, braucht einen Computer zum Arbeiten, und dann ist man eigentlich bereit, um in die Arbeitswelt zu starten. Oder?
Ganz so einfach ist es leider nicht, denn als freiberufliche Übersetzer:innen sind wir auch Unternehmer:innen und kümmern uns um die betriebswirtschaftlichen Aspekte und um berufliche Weiterbildung. Wir schließen Verträge, wälzen Paragrafen, stehen für unsere eigenen Rechte und Interessen ein, und auf einmal ist aus „einfach nur“ übersetzen ein riesiger Aufgabenberg geworden, mit dem man in der Ausbildung oder Studium vielleicht gar nicht gerechnet hat.
Inspiriert von dem Vortrag “Erfinde deinen Beruf”, den Imke Brodersen beim Praxistag Germersheim im Januar hielt, hat unsere stellvertretende Beiratsvorsitzende Alexandra Jordan (als Alumna des Bachelorstudiengangs „Sprache, Kultur, Translation“) einige Tipps für Einsteiger:innen zusammengestellt, die man gerade zu Anfang nicht außer Acht lassen sollte.

1. Bildung ist gut, Weiterbildung ist besser

Du stellst im Studium fest, dass du in Klausuren immer wieder dieselben grammatischen Fehler machst? Deine Sätze folgen immer wieder demselben Aufbau und variieren kaum? Das ist zwar nicht schön, aber auch kein Weltuntergang. Finde heraus, wo genau deine Schwächen liegen (Kommasetzung, Konjunktivformen) und bilde dich dort weiter. Es gibt jede Menge Webinare, die Antworten auf Fragestellungen geben, die man alleine vielleicht nicht beantworten kann. DVÜD-Mitglieder bekommen oft Rabatt, da der Verband Mitglied im Dachverband FIT ist.

2. Get out there – Netzwerken für Durchstarter

Wenn niemand weiß, dass (und was!) du übersetzt – wie soll dein Traumauftrag dich finden? Finde deine Nische, ein Fachgebiet, das dich interessiert (intrinsische Motivation sollte schon vorhanden sein) und arbeite dich ordentlich ein, lerne die gängigsten Begriffe, die Dos und Dont’s der Branche und schau, ob es in sozialen Netzwerken entsprechende Gruppen gibt, denen du beitreten kannst. Und dann erzählst du allen davon, was du machst, denn wer weiß, wer in zwei Monaten händeringend nach einem Sprachprofi sucht, der genau dein Fachgebiet hat.

Schau dich möglichst auch nach Stammtischen oder Vor-Ort-Gruppen um, in denen du Kolleg:innen treffen kannst – dort kannst du Fragen stellen, Unklarheiten ausräumen und bekommst wichtige Hinweise auf andere Veranstaltungen oder neue Entwicklungen. Mehrere Gehirne wissen immer mehr als eins, und als Freiberufler:in steht man keineswegs allein auf weiter Flur.

Der DVÜD e. V. bietet seit dem Jahr 2020 einen Online-Stammtisch an, zu dem auch Interessierte ausdrücklich eingeladen sind, die (noch) kein Mitglied sind. Die nächsten Termine stehen in unserem Kalender und wir freuen uns auf neue Gesichter! Außerdem bieten wir Durchstartergruppen an, in denen Anfänger und Experten in geschützter Atmosphäre zusammenkommen.

3. Disziplin ist King

Vergiss nicht, dass wir nicht nur zum Spaß übersetzen. Wir können und wollen damit genug Geld zum Leben verdienen. Dazu gehört, dass man sich geregelte Arbeitszeiten schafft, auch wenn wir hier deutlich freier sind als beispielsweise Angestellte. „Auf der Arbeit“ legst du daher ein entsprechendes professionelles Auftreten an den Tag und befasst dich daneben auch mit eher unangenehmen Sachen wie Buchführung, Steuern oder Altersvorsorge. Wenn das Homeoffice nichts für dich ist, weil du zum Beispiel kein separates Arbeitszimmer hast oder einfach auch mal rauskommen möchtest, kannst du dich um einen Coworking-Space bemühen. In einigen Städten gibt es sogar solche Spaces, in denen hauptsächlich Übersetzerinnen arbeiten, sodass du immer in guter Gesellschaft bist.

4. Eigene Grenzen anerkennen

Als Unternehmer:innen beschäftigen wir uns auch mit so tollen Dingen wie Steuerregelungen und Steuererklärungen, (Kranken-) Versicherungen oder Altersvorsorge. Und weil wir so eng mit unserem Unternehmen verbunden sind, liegt der Schluss nahe, dass wir auch alles selber machen müssen. Das stimmt nicht ganz! Denn so wie wir auf Übersetzungen spezialisiert sind, sind Steuerberater auf Steuern spezialisiert und kennen Wege, den Bürokratiedschungel etwas zu lichten und Fragen zu beantworten, die in der Uni nicht zwangsläufig geklärt werden. Auch hier hilft das Netzwerk enorm weiter und kann dir einen Schubs in die richtige Richtung geben.

Das Gleiche gilt für deine Arbeitszeiten. Es gibt viele Berichte von Kunden, die abends um 20:00 Uhr noch mal „eben schnell“ einen Text für den nächsten Tag übersetzt haben wollen – und da wir ohnehin häufig im Homeoffice arbeiten, ist es ja auch kein großes Ding, den Auftrag anzunehmen, richtig? Letztendlich muss jede und jeder für sich selber entscheiden, ob (und mit welchem Eilzuschlag) ein solcher Auftrag angenommen wird. Aber vergiss bitte nicht, dass auch Selbstständige Feierabend und Pausen brauchen, um langfristig produktiv zu bleiben.

Mit der richtigen Einstellung und einem starken Netzwerk aus Kolleginnen, Kommilitonen und Verbänden ist das Freiberuflerdasein kein Hexenwerk, sondern kann sehr viel Spaß machen. Zudem kann es Freiheiten bieten, die man in einem Betrieb nicht hätte. Im DVÜD gibt es verschiedene Modelle für die Mitgliedschaft – unter anderem auch eines, das Studierenden den Einstieg ermöglicht. Wir würden uns freuen, dich als Mitglied oder zum Reinschnuppern bei einem unserer Stammtische begrüßen zu dürfen!

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