DVÜD e.V. positioniert sich als erster unter den deutschen Berufsverbänden für Übersetzer und Dolmetscher
Kürzlich stellte Bundesarbeitsministerin von der Leyen ihre Pläne zum gesetzlichen Zwang zum Abschließen einer Rentenversicherung für Selbstständige vor. Unter anderem sollen – laut der Petition, wie sie auf den Seiten des Bundestages veröffentlicht wurde – Selbstständige, die noch nicht das 30. Lebensjahr vollendet haben, zwischen 350 und 450 EUR monatlich für Rentenversicherung und zur Absicherung gegen Erwerbsminderung zahlen.
DVÜD e.V., der Deutsche Verband der freien Übersetzer und Dolmetscher e.V. mit Sitz in Berlin, positioniert sich entschieden gegen diese Pläne. Grundsätzlich betrachten wir eine Pflichtversicherung für Selbstständige und Freiberufler als sehr problematisch.
Für viele Selbstständige und Freiberufler wäre eine Pflichtversicherung schlichtweg existenzbedrohend. Durch die monatliche Mehrbelastung würden Neugründungen massiv erschwert, da sich in den ersten Jahren einer freiberuflichen Tätigkeit das Geschäft oft erst entwickeln muss. Damit würde der Schritt in die Selbstständigkeit eine nicht unerhebliche zusätzliche finanzielle Belastung bedeuten, mit der Folge, dass viele den Schritt deshalb gar nicht mehr wagen würden.
Durch eine Rentenversicherung für Selbstständige und Freiberufler würde jungen Gründern die Möglichkeit genommen, sich überhaupt eine finanzielle und unternehmerische Existenz aufzubauen, die später gerade eine Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Alterssicherung darstellt.
Grundsätzlich betrachten wir einen staatlichen Zwang zum Abschluss einer Versicherung als einen erheblichen Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung und wirtschaftliche Freiheit der Bürger. Wer sich entscheidet, selbstständiger Unternehmer zu werden, übernimmt auch bewusst eine Eigenverantwortung. Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der Selbstständigen und Freiberufler unter völlig anderen, nicht vergleichbaren wirtschaftlichen Voraussetzungen arbeiten.
Neben einer Rentenversicherung bestehen zahlreiche weitere Möglichkeiten der Alterssicherung, sei es das Eigenheim, Ersparnisse, Wertpapiere oder auch das eigene Unternehmen. Im Übrigen können diese durchaus eine wesentlich effizientere Vorsorge darstellen als eine staatliche Rentenversicherung.
Mit der geplanten Regelung wird der eigentliche Zweck dieser Regelung, die Entlastung des Sozialsystems und die Bekämpfung von Altersarmut, verfehlt. Bereits heute sorgt der überwiegende Teil der Selbstständigen für das Alter vor. Wer jedoch finanziell nicht in der Lage ist, dem würde durch die neue Regelung schon heute die Möglichkeit genommen, sich eine finanzielle, wirtschaftliche und berufliche Existenz aufzubauen, mit der er dann überhaut erst in der Lage wäre, für das Leben im Alter vorzusorgen.
Dies führt unweigerlich dazu, dass Menschen, die heute produktiv tätig sind, in die Arbeitslosigkeit fallen und die Sozialsysteme noch zusätzlich belasten würden.
Der DVÜD e.V. schließt sich daher voll und ganz der Petition, die von Tim Wessels initiiert wurde, an: Der Deutsche Bundestag möge der Einführung eines Rentenversicherungszwangs für Selbstständige und Freiberufler nicht zustimmen. Insbesondere ist den hierzu von Arbeitsministerin von der Leyen vorgebrachten Plänen nicht zuzustimmen.
Es ist wichtig, dass diese Petition von möglichst vielen Kolleginnen und Kollegen gezeichnet wird, um ihr eine hörbare Stimme zu geben! Stichtag ist der 22.05.2012.
Als Berufsverband stehen wir gerne als erster Ansprechpartner in Sachen Altersvorsorge zur Verfügung.
Inzwischen hat die Petition schon über 61.000 Unterstützer 🙂
SPON hat sich des Themas heute auch angenommen https://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/widerstand-gegen-renten-pflicht-fuer-selbstaendige-und-existenzgruender-a-833619.html (eine Übersetzerkollegin wird sogar als Beispiel angeführt).
Sehr cool. Danke für den Hinweis Peter.
„Ab 50.000 Unterstützern in den ersten vier Wochen nach Veröffentlichung werden „ein Petent oder mehrere Petenten in öffentlicher Ausschusssitzung angehört.“ (Quelle: Wikipedia.de)
Diese Hürde hat die Petition inzwischen genommen.
Ich finde die Rentenversicherungspflicht für Selbstständige nicht schlecht. Voraussetzung wäre allerdings, dass die Wahl der Instrumente frei bleibt und bestehende Vorsorgemodelle angerechnet werden.
Ich kenne Personen, die nach lebenslanger Selbstständigkeit aufgrund persönlichen Missmanagements irgendwann mit 70 ohne Altersversorgung und Krankenversicherung dastanden (alle Lebensversicherungen aufgelöst und in die Firma gesteckt, private KV irgendwann nicht mehr bezahlbar). Sie dachten, sie könnten auch im Alter noch arbeiten, aber die Gesundheit machte einen Strich durch die Rechnung. Das Pflegeheim zahlt jetzt das Sozialamt und somit wir alle. Wenn solche Leute zur Vernunft gezwungen werden, kann das nur gut sein, denn dann tragen sie zumindest einen Teil dieser Kosten im Alter selbst. Eine „amerikanisierte“ Gesellschaft ohne das in Deutschland übliche Solidarprinzip möchte ich nämlich auch nicht.
Liebe Heike,
Dein Vorschlag macht ja auch Sinn. Nur dieser pauschalierte Zwangsbeitrag macht nun wirklich keinen Sinn.