FrauenquoteZwei Themen werden im Moment in Berlin heiß diskutiert: Die Frauenquote und die Frage „Kita-Plätze oder Betreuungsgeld“ –  Themen, die vor allem Bundesfamilienministerin Schröder zurzeit schwer im Magen liegen dürften. Der DVÜD e.V. hat die Frauenquote wohl übererfüllt; an den Spitzen des Vorstands und des Beirats sitzen Frauen: Tanya Quintieri ist 35 Jahre alt, verheiratet, Mutter von zwei Söhnen (18 & 16) und Präsidentin des DVÜD e.V. Franziska Schäfer ist 29 Jahre alt, Mutter eines Sohnes (3), lebt in einer festen Partnerschaft und ist Vorsitzende des Beirats beim DVÜD e.V. Beide Frauen haben also Familie, beide Frauen stehen Vollzeit mit beiden Beinen fest im Berufsleben. Beide leben als Unternehmerinnen und Mütter tagtäglich den Spagat zwischen „Business und Herd“. Ihre Gedanken zur Frauenquote haben sie in einem Dialog ausgetauscht und hier festgehalten.

Tanya: Im Moment erfülle ich die Quote nicht nur on the Job, sondern auch zu Hause, als Familienmanagerin.

Franziska: Ich auch die meiste Zeit. Ich kenne das quasi gar nicht anders.

Tanya: Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich die Balance ganz gut hinbekomme. Geht ja schon seit fast 19 Jahren gut.

Franziska: Gut, bei mir ist das noch nicht so lange der Fall, aber auch schon im 4. Jahr.

Tanya: Naja, ich muss aber auch ehrlich zugeben, ich hatte ein unheimlich starkes Netz, sowohl Kita als auch Familie waren immer da und haben mich unterstützt, sodass ich mich auch wirklich um meine Karriere kümmern konnte.

Franziska: Genau, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wer wirklich allein dasteht, kann sich nicht um Kinder kümmern und noch die Karriere erfolgreich vorantreiben. Das betrifft natürlich auch alleinstehende Väter.

Tanya: Ich hab ein paar alleinstehende Freundinnen mit Kindern, die treten zwangsläufig – also die Mehrzahl – zuerst mal karrieremäßig auf der Stelle.

Franziska: Da braucht man wirklich Unterstützung von außen. Ohne mein Netzwerk, v.a. an Familie, aber auch Freunden, würde ich manchmal nicht alles unter einen Hut bekommen. Und das, obwohl ich einen Partner habe, der sich die Erziehung und den Haushalt mit mir teilt.

Tanya: Wir haben doch neulich diese Umfrage gestartet, unter Kolleginnen und Kollegen, ob da auch Alleinerziehende darunter sind. Wir hatten zwar nicht so viele Antworten, ich glaube es waren 14, aber nicht eine einzige Antwort lautete: Alleinerziehend. Was angesichts der Zahlen, die ich neulich im Bundestag gehört habe, echt verwunderlich ist.

Franziska: Naja, ich war es ja mal, aber bin es nicht mehr. Daher habe ich das nicht angekreuzt. Allerdings kümmere ich mich doch oft allein um alles, wenn mein Partner geschäftlich unterwegs ist. Und spätestens dann geht nichts ohne meine Familie, wenn ich als Unternehmerin vorankommen will.

Tanya: Das kann ich gut verstehen. Ziemlich die Hälfte der Umfrageteilnehmer hat Kinder und lebt im klassischen Familienmodell, die andere Hälfte hatte überhaupt keine Kinder.

Franziska: Das wundert mich aber auch, dass es keine Alleinerziehenden unter uns geben soll.

Tanya: Naja, mir stellt sich dann eben in Bezug auf die Frauenquote folgende Frage: Ich würde ja mal behaupten, dass unser Beruf sehr anspruchsvoll ist. Und genau so ist das in Führungspositionen.

Franziska: Auf alle Fälle.

Tanya: Wenn nun also die Hälfte der Frauen Kinder hat, und davon die Hälfte alleinerziehend ist, wie soll dann eine statistische Quote von z. B. 30 % erreicht werden?

Franziska: Moment, die Hälfte der Antworten waren ja nicht alles Frauen ohne Kinder, da waren doch auch männliche Übersetzer darunter?

Tanya: Drei Männer waren darunter. Aber ich meinte jetzt ganz allgemein.

Franziska: Ok. Die Quote bezieht sich ja auf die zu besetzenden Positionen. Das sagt erst mal nichts über die Anzahl der Frauen aus (3 zu besetzende Positionen = 1 Frau bei 30% Quote, 9 = 3 Frauen usw.).

Tanya: Ja, da hast Du natürlich recht. Trotzdem glaube ich, dass es vielen Frauen schlicht überhaupt nicht möglich ist, solche Karriereziele zu verfolgen.

Franziska: Aber statistisch gesehen, haben doch viel mehr als 50% der Frauen Kinder, oder? So gefühlsmäßig, kann es jetzt nicht mit Zahlen belegen.

Tanya: Habe keine Zahlen im Kopf. Es heißt zwar, Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung dar, und damit auch die Hälfte des Talents – trotzdem haben viele überhaupt nicht die Möglichkeit, dieses Talent auch im Beruf einzusetzen.

Franziska: Du hast Recht, das ist ja das alte Thema: Wenn es z.B. nicht genügend Betreuungsmöglichkeiten gibt, dann fällt die Frauenquote allein dadurch flach. Die andere Frage ist aber auch: Wollen überhaupt so viele Frauen in die Spitzenpositionen? Dein Artikel, den du letzte Woche auf XING empfohlen hast, spricht da eine andere Sprache.

Tanya: Das stimmt – aber ich glaube, das ist auch eine Altersfrage. Und der tickt nun mal die biologische Uhr entgegen.

Franziska: Stimmt, das waren Frauen um die 50 in dem Artikel.

Tanya: Naja, oder auch schon allein das Thema Weiterbildung, das wir gebetsmühlenartig unseren Mitgliedern versuchen näher zu bringen. Wie soll eine berufstätige Mutter das schaffen?

Franziska: Das Thema Weiterbildung ist ein gutes Stichwort – zumindest Präsenzseminare sind für viele schwierig, wenn der Veranstaltungsort weiter weg liegt. Mich eingeschlossen. Daher sind die Webinare, die wir beim DVÜD anbieten, so eine gute Lösung.

Tanya: Ein ganz anderer Punkt, und da bin ich froh, dass „unsere Männer“ beim DVÜD da sehr aufgeschlossen sind: Werden Frauen in solchen Positionen für voll genommen? Gerade wenn z. B. noch Familie hinten dran steht und Prio. 1 hat!?

Franziska: Das kommt ganz auf die männlichen Kollegen und ihr Umfeld an, denke ich. Ich glaube, da ändert sich gerade viel. Auch die Väter gehen ja immer mehr Verantwortung für ihre Kinder ein.

Tanya: Hm, … da bin ich geteilter Meinung. Später, ab Kindergartenalter oder darüber: Ja. Davor halte ich es für nicht sinnvoll. Aber da bin ich wohl altmodisch.

Franziska: Ich habe in meinem Umfeld einige junge Väter, die auch zu Hause bleiben, wenn ihr Kind (Krippenkind) krank wird. Damit die Mama arbeiten gehen kann und nicht immer zu Hause bleiben muss. Bei uns läuft das auch so. Wenn der Sohnemann krank wird und mein Partner nicht gerade geschäftlich unterwegs ist, bleibt er auch da, damit ich arbeiten kann.

Tanya: Wenn ich mir ein perfektes Modell zusammenbasteln könnte: Genügend Kita-Plätze – und zwar mit vernünftigen Betreuungszeiten – für alle, sodass Frauen sich für eine Rolle entscheiden können, die ihnen gut tut und sie erfüllt. Ich glaube, und da stützt meine Meinung nur auf Hörensagen, das Modell in der ehemaligen DDR war gar nicht schlecht. Auch wenn die Motivation der Regierung eine andere war. Aber ich denke, den Kindern hat es nicht geschadet. Und die Kosten für die Kita-Plätze sollten einkommensabhängig sein.

Franziska: Klingt gut. Die einkommensabhängigen Kosten gibt es schon in manchen Bundesländern – aus München weiß ich, dass es so ist. Hier bei uns nicht.

Tanya: Das Modell wäre doch aber in einem Sozialstaat angebracht… ^^

Franziska: Ja, das wäre das Richtige in einem Sozialstaat. Vom Gesetzgeber her ist es ja so, dass alle Eltern ab 2013 ein Recht auf einen Kita-Platz haben. Nur die Plätze sind noch lange nicht ausreichend. Man kann viel in ein Gesetz schreiben, wenn dann nicht genügend Gelder zur Verfügung gestellt werden, um es zu verwirklichen.

Tanya: Ja, das Thema wurde heiß diskutiert, im Plenum, als ich in Berlin war. Da waren die Diskussionen sehr hitzig. Ich bezweifle, dass man sich da auf Bundesebene einigen wird. Gegen Ende der „Aktuellen Stunde zum Thema Kita-Plätze oder Betreuungsgeld“ hat dann ein Sprecher gesagt (der schon älter war): „Das Thema gehört in die Länder.“ Was ich persönlich für ziemlich dumm halte, wo doch alle von Mobilität im Berufsleben sprechen… Und das wiederum wirft z. B. dann auch die Frage nach Lehrplänen auf… Wie soll eine Familie mit Kindern denn umziehen, wenn man erst mal solche Dinge berücksichtigen muss. Da greift eines ins andere. Selbst unsere beeidigten Kolleginnen und Kollegen müssen sich Gedanken machen, wenn sie von einem Bundesland ins andere umziehen, ob sie dann überhaupt noch „stempeln“ dürfen…

Franziska: Ja, die Bildungspolitik wieder komplett zur Ländersache zu machen, war meiner Ansicht nach ein großer Fehler. Eben weil es dann so uneinheitlich ist.

Tanya: Du siehst, man kommt vom einen ins andere, und ich denke, mit einer Quote ist es da nicht getan.

Franziska: Nein, das stimmt. Man braucht einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Aspekte berücksichtigt, die eine Rolle spielen.

Tanya: Ich bin jedenfalls froh, dass man uns beiden beim DVÜD dieses Vertrauen schenkt. Und ich fühl mich wohl in meiner Position. Aber – und das möchte ich betonen – das liegt vor allem daran, dass wir uns im Team aufeinander verlassen können. Und ich glaube nicht, dass wir unsere Positionen inne haben, weil die Übersetzerei mittlerweile zum „Frauenberuf“ mutiert ist.

Franziska: Ja, dem kann ich mich nur anschließen. Wir arbeiten beim DVÜD wirklich in einem tollen Umfeld. Ich hatte bis jetzt nicht einmal den Eindruck, dass „unsere“ Männer einen Gedanken daran verschwenden oder gar ein Problem damit haben, dass sie Frauen an der Spitze haben – da geht es wirklich um Inhalte. Und jeder hat Verständnis, dass wir mit Familie mehr jonglieren müssen, z.B. was Termine angeht.

Tanya: Wollen wir festhalten, dass es drei Gründe gibt, warum das mit der Frauenquote beim DVÜD so gut funktioniert? Erstens: Unsere männlichen Kollegen sind offen und begegnen uns auf Augenhöhe. Zweitens: Alle Kollegen und Kolleginnen bringen Verständnis auf für unsere Situation als Unternehmerinnen und Mütter. Und drittens: Wir sind einfach gut. (lacht) Ob die das so unterschreiben!?

Franziska: Ja, in der Reihenfolge! (lacht)

Tanya: Ich danke Dir für den Gedankenaustausch unter Frauen, werte Kollegin!

Franziska: Aber gerne doch!

Wie sieht es mit der eigenen Einstellung zur Frauenquote aus? Würde es der deutschen Wirtschaft besser gehen, wenn mehr Frauen in Führungspositionen wären?

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