Viele Berufsanfänger, die als Freiberufler tätig sind – egal, ob frisch von der Uni oder Quereinsteiger – fragen sich, ob sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen oder auf diese verzichten sollen. In diesem Beitrag werden die Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung und der Regelbesteuerung erläutert und es wird verdeutlicht, für wen die Kleinunternehmerregelung sinnvoll ist und für wen nicht.
Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung
Um die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen zu können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt werden:
- Im vorangegangenen Kalenderjahr darf der Umsatz nicht höher als 17.500 € gewesen sein. In diesem Beitrag stellt das Jahr 2013 exemplarisch das vorangegangene Kalenderjahr dar. Hat man im Jahr 2013 keine Steuern erhoben und abgeführt, ist die Grenze von 17.500 € der Nettowert. War man im vorangegangenen Kalenderjahr jedoch umsatzsteuerpflichtig, sind die o. g. Beträge Bruttowerte (also inklusive Umsatzsteuer).
- Im laufenden Kalenderjahr (in diesem Beitrag das Jahr 2014) darf sich der voraussichtliche (!) Umsatz nur auf maximal 50.000 € belaufen. Man muss also zu Jahresbeginn schätzen, wie hoch der Umsatz im neuen Jahr voraussichtlich sein wird. Liegt der voraussichtliche Umsatz bei über 50.000 €, darf man die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch nehmen.
Vorteile der Kleinunternehmerregelung
Die Kleinunternehmerregelung bringt im Wesentlichen zwei Vorteile mit sich.
Wettbewerbsvorteil
Arbeitet man überwiegend für Privatkunden oder für Unternehmen, die nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind (die also selbst die Vorsteuer nicht abziehen können, z. B. Versicherungen und Banken), kann die Kleinunternehmerregelung sinnvoll sein, da man entweder die Ersparnis durch die Nichtabführung der Umsatzsteuer an den Kunden weitergeben kann und man somit günstiger als die Konkurrenz ist. Oder aber man bietet seine Leistungen zum gleichen Preis wie steuerpflichtige Übersetzer an und erzielt somit einen etwas höheren Stundenlohn.
Dieser Aspekt stellt aber nur bedingt einen Vorteil dar: Für Banken und Versicherungen ist der Preis möglicherweise nicht das ausschlaggebende Kriterium bei der Wahl eines Sprachdienstleisters. Zudem arbeiten wohl die wenigsten Übersetzer und Dolmetscher überwiegend für Privatkunden, sondern vielmehr für Übersetzungsbüro und/oder Direktkunden, die die Umsatzsteuer ohnehin als Vorsteuerabzug beim Finanzamt geltend machen können. Einige Unternehmer bevorzugen sogar Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer, die sie selbst wieder verrechnen können.
Weniger Verwaltungsaufwand
Der größte Vorteil der Kleinunternehmerregelung liegt wohl darin, dass man deutlich weniger Verwaltungsaufwand hat und man sich keine oder weniger Gedanken darüber machen muss, was man alles absetzen kann, welche Belege man für das Finanzamt braucht, welcher Steuersatz zu berechnen ist etc. So muss man als Kleinunternehmer im Gegensatz zu steuerpflichtigen Unternehmern weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch Zusammenfassende Meldungen abgeben (Letzteres gilt allgemein nur für Auslandsgeschäfte innerhalb der EU).
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
Weder als Vorteil noch als Nachteil anzusehen ist die Tatsache, dass man (wie steuerpflichtige Sprachdienstleister) auch als Kleinunternehmer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für EU-weite Geschäfte beantragen kann und man somit auch problemlos für Kunden im Ausland arbeiten kann.
Nachteile der Kleinunternehmerregelung
Kein Vorsteuerabzug bei eigenen Anschaffungen
Der größte Nachteil der Kleinunternehmerregelung besteht darin, dass man als Kleinunternehmer vom Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmer ausgeschlossen ist. Das heißt, dass man bei eigenen Anschaffungen die Umsatzsteuer bezahlen muss, diese aber im Gegensatz zu steuerpflichtigen Unternehmern nicht vom Finanzamt erstattet bekommt. Dies kommt insbesondere bei größeren Investitionen zum Tragen. Angenommen, man kauft einen PC oder ein Notebook für 1.000 € netto. Hinzu kommen 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 190 €. Als Kleinunternehmer muss man also allein für diese eine Anschaffung 190 € mehr zahlen als ein steuerpflichtiger Wettbewerber. Weitere mögliche Anschaffungen sind Software, Büromöbel, kleinere Büroartikel, Fachbücher, Weiterbildungsveranstaltungen, Visitenkarten, Webhosting u. v. m. Auch sollte man bedenken, dass man größere Investitionen oftmals am Anfang der freiberuflichen Tätigkeit tätigt. Aber auch kleinere Ausgaben häufen sich im Laufe eines Jahres. Für den Fall, dass man selbst einen Übersetzungs- oder Korrekturauftrag untervergibt, bekommt man vom Übersetzer (sofern dieser selbst kein Kleinunternehmer ist) eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer. Da man diese Umsatzsteuer jedoch nicht seinem Endkunden in Rechnung stellen kann, bleibt man selbst auf diesen Kosten in Höhe von 19 % sitzen.
Kunde will Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer
Wie im Abschnitt „Vorteile der Kleinunternehmerregelung“ bereits beschrieben wurde, bevorzugen einige Unternehmer Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer. Stellt man als Kleinunternehmer Rechnungen mit Umsatzsteuer aus, so muss man die eingenommene Umsatzsteuer auch an das Finanzamt abführen. Die Vorsteuer darf man aber weiterhin nicht geltend machen (siehe vorheriger Unterabschnitt).
Überschreiten der Umsatzgrenzen
Hat der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr (2013) die Grenze von 17.500 € überschritten und man merkt dies nicht rechtzeitig und stellt im laufenden Jahr (2014) weiterhin Rechnungen ohne Umsatzsteuer aus, so muss man entweder die im laufenden Jahr ausgestellten Rechnungen korrigieren (sofern die jeweiligen Unternehmer einverstanden sind, da dies einen zusätzlichen Aufwand für sie darstellt) oder man muss die Umsatzsteuer aus eigener Tasche an das Finanzamt zahlen.
Wer muss welche Steuererklärungen abgeben?
Nachfolgend ein Überblick, welche Steuererklärungen man als Kleinunternehmer und steuerpflichtiger Unternehmer abgeben muss und in welchem Turnus:
Kleinunternehmer |
Steuerpflichtiger Unternehmer |
|
Umsatzsteuer-Voranmeldung |
– |
monatlich oder vierteljährlich (im ersten Jahr monatlich, danach abhängig vom Umsatz) |
Zusammenfassende Meldung |
– |
vierteljährlich (nur bei Unternehmern aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat) |
Umsatzsteuererklärung |
jährlich (lediglich Angaben zum Gesamtumsatz) |
jährlich |
Einkommensteuererklärung |
jährlich |
jährlich |
Fazit: Kleinunternehmerregelung oder Regelbesteuerung?
Nimmt man die Kleinunternehmerregelung in Anspruch, hat man in einigen Fällen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Sprachdienstleistern und der Verwaltungsaufwand ist geringer. Verzichtet man hingegen auf die Kleinunternehmerregelung, ist man zwar für fünf Jahre an die Regelbesteuerung gebunden, man ist dafür aber zum Vorsteuerabzug berechtigt und kann alles, was man für seine freiberufliche Tätigkeit benötigt, netto einkaufen. Zudem können andere Unternehmer beim Verzicht der Kleinunternehmerregelung keinen Rückschluss auf den eigenen Umsatz ziehen, und man hinterlässt allgemein einen professionelleren Eindruck bei Firmenkunden, wenn man Umsatzsteuer in seinen Rechnungen ausweist.
Die Kleinunternehmerregelung ist folglich nur dann sinnvoll, wenn man überwiegend für Privatkunden tätig ist oder für Unternehmen, die ebenfalls keine Vorsteuer geltend machen können, und wenn man nur Investitionen in geringer Höhe tätigt.
Im nächsten Blogbeitrag erfahrt ihr, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen man zwischen der Kleinunternehmerregelung und der Regelbesteuerung wechseln kann (und teilweise muss).
Link zum Umsatzsteuergesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/
Weitere Informationen erhaltet ihr sicher bei einem Steuerberater, eurem zuständigen Finanzamt oder einer IHK in eurer Nähe.
Diese Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Der DVÜD übernimmt keine Haftung für eventuelle Fehlinformationen.
Auf die Thematik des Vorsteuerabzugs wird ja im Abschnitt „Nachteile der Kleinunternehmerregelung“ eingegangen. Aber, Andreas, du hast schon recht: Da man als Kleinunternehmer die gezahlte Umsatzsteuer nicht beim Finanzamt geltend machen kann, muss man diese höheren Ausgaben auch bei seinen eigenen Preisen berücksichtigen. Somit muss man für seine Dienstleistungen in etwa gleich viel berechnen wie ein steuerpflichtiger Unternehmer.
Aber wie auch schon im Artikel geschrieben stellt der vermeintliche Wettbewerbsvorteil ohnehin nur bedingt einen Vorteil dar, da wohl die wenigsten Übersetzer und Dolmetscher den Großteil ihres Umsatzes mit Privatkunden und nicht vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen erzielen.
Der vermeintliche Wettbewerbsvorteil ist nicht wirklich einer. Alle Kosten, die ein Kleinunternehmer hat, sind immer inklusive Umsatzsteuer. Der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer kann Umsatzsteuer für Betriebsausgaben abziehen, der Kleinunternehmer nicht. Er muss also bei der Preiskalkulation immer auch die Umsatzsteuer berücksichtigen. Insofern hat der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer eigentlich eher einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Kleinunternehmer, da für ihn die Umsatzsteuer auf Betriebsausgaben keine Kosten sind, für den Kleinunternehmer aber schon.