Für Linguisten und alle, die bei einer Übersetzung sowohl Ausgangs- als auch Zielsprache fließend beherrschen, kann DeepL unter Umständen sehr nützlich sein. Wenn man das Tool aber verwendet, ohne beide Sprachen wie seine Westentasche zu kennen oder das Ergebnis anschließend von einem Fachübersetzer überarbeiten zu lassen, geht das garantiert in die Hose.

DeepL, das ist der neue Star der MT-Industrie, der uns eine schöne neue Welt verspricht: idiomatische Übersetzungen, die sich angenehm lesen und weitaus professioneller aussehen als bei GoogleTranslate. Die Medien sind voll des Lobes, Unternehmen mit Übersetzungsbedarf sind begeistert und manche Übersetzer bangen um ihre Zukunft. Doch halt! Gerade unter der glatten Oberfläche finden sich bei DeepL genauso schlimme Fehler wie bei der Konkurrenz.

Da DeepL seine Fehlübersetzungen aber schön verpackt, sind die Konsequenzen umso schlimmer. Bei GoogleTranslate wussten wir alle, dass man sich damit nicht mehr als einen groben Überblick verschaffen kann. Bei DeepL jedoch glauben viele, man könne dem Ergebnis blind trauen und es unbesehen auf seiner Website oder in der Hochglanzbroschüre veröffentlichen. Ein teurer Trugschluss!

Um Fachübersetzer muss man sich keine Sorgen machen. Während Übersetzer ohne Spezialisierung durch maschinelle Übersetzungen zunehmend aus dem Markt gedrängt werden (oder sich gezwungenermaßen spezialisieren), werden Übersetzer mit Fachwissen künftig noch gefragter sein – sei es, um die gut versteckten Fehler auszumerzen oder gleich alles neu zu übersetzen.

Das wird teuer, aber das Ergebnis kann sich wenigstens sehen lassen.

Verbrennen Sie sich nicht die Finger

Machen wir mit folgendem Beispiel aus einem technischen Benutzerhandbuch die Probe aufs Exempel: „When the heater is on, the LEDs on the device light up and the surface is unsafe to touch. The surface can cause burns.“

Die deutsche Übersetzung durch DeepL: „Wenn die Heizung eingeschaltet ist, leuchten die LEDs am Gerät auf und die Oberfläche ist nicht berührungssicher. Die Oberfläche kann Verbrennungen verursachen.“

Screenshot

Beispielübersetzung durch DeepL (Screenshot: Andrea Bernard)

Und GoogleTranslate: „Wenn die Heizung eingeschaltet ist, leuchten die LEDs am Gerät auf und die Oberfläche ist berührungsempfindlich. Die Oberfläche kann Verbrennungen verursachen.“

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Beispielübersetzung durch GoogleTranslate (Screenshot: Andrea Bernard)

Bei GoogleTranslate sieht man auf den ersten Blick, dass das nicht stimmen kann. Berührungsempfindlich ist etwas anderes als eine Oberfläche, die man aus Sicherheitsgründen nicht berühren sollte.

Aber DeepL – klingt doch gut, oder? Wer würde dieses Ergebnis ernsthaft anzweifeln, vor allem, wenn man nicht in beiden Sprachen fließend ist?

Und selbst deutsche Muttersprachler könnten sich hier täuschen lassen, wenn sie das notwendige Fachwissen nicht besitzen. Denn wir wissen nicht, was wir nicht wissen.

Der Teufel steckt im Detail

Der technische Fachübersetzer aber sieht, dass auch die Übersetzung von DeepL falsch ist. Und ein Blick in den Duden oder das englisch/deutsche Langenscheidt Technikwörterbuch untermauert das, denn „berührungssicher“ hat eine konkrete Bedeutung: „so gebaut, dass keine Berührung möglich ist”, z. B. „vollständig isoliert“. Das ist in unserem Beispiel aber gar nicht gemeint – der englische Ausgangssatz warnt einfach davor, die Oberfläche zu berühren, da sie heiß ist und Verbrennungen verursachen kann.

Die DeepL-Übersetzung „nicht berührungssicher“ sieht vielleicht korrekt aus – auch hier geht es um etwas, dass besser nicht berührt werden sollte. Aber „darf nicht berührt werden“ und „nicht berührungssicher“ bedeuten nicht das Gleiche: Das eine sagt etwas über den Zustand, während das andere definiert, wie etwas konstruiert ist, nämlich berührungssicher oder eben nicht.

Also doch: besser Finger weg und den Fachmann (oder die Fachfrau) machen lassen.

DVÜD-Gastautorin Andrea Bernard ist Inhaberin der Spark Associates SAS und staatlich geprüfte technische Übersetzerin. Sie übersetzt aus dem Englischen, Japanischen und Französischen in ihre Muttersprache Deutsch und hat sich auf die Fachgebiete Elektronik und additive Fertigung spezialisiert. Neben dem Übersetzen unterrichtet Andrea einen Masterkurs für technische und wissenschaftliche englisch/deutsche Übersetzung an der ESIT (École Supérieure d’Interprètes et de Traducteurs) in Paris und arbeitet als Autorin.

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