Für Linguisten und alle, die bei einer Übersetzung sowohl Ausgangs- als auch Zielsprache fließend beherrschen, kann DeepL unter Umständen sehr nützlich sein. Wenn man das Tool aber verwendet, ohne beide Sprachen wie seine Westentasche zu kennen oder das Ergebnis anschließend von einem Fachübersetzer überarbeiten zu lassen, geht das garantiert in die Hose.
DeepL, das ist der neue Star der MT-Industrie, der uns eine schöne neue Welt verspricht: idiomatische Übersetzungen, die sich angenehm lesen und weitaus professioneller aussehen als bei GoogleTranslate. Die Medien sind voll des Lobes, Unternehmen mit Übersetzungsbedarf sind begeistert und manche Übersetzer bangen um ihre Zukunft. Doch halt! Gerade unter der glatten Oberfläche finden sich bei DeepL genauso schlimme Fehler wie bei der Konkurrenz.
Da DeepL seine Fehlübersetzungen aber schön verpackt, sind die Konsequenzen umso schlimmer. Bei GoogleTranslate wussten wir alle, dass man sich damit nicht mehr als einen groben Überblick verschaffen kann. Bei DeepL jedoch glauben viele, man könne dem Ergebnis blind trauen und es unbesehen auf seiner Website oder in der Hochglanzbroschüre veröffentlichen. Ein teurer Trugschluss!
Um Fachübersetzer muss man sich keine Sorgen machen. Während Übersetzer ohne Spezialisierung durch maschinelle Übersetzungen zunehmend aus dem Markt gedrängt werden (oder sich gezwungenermaßen spezialisieren), werden Übersetzer mit Fachwissen künftig noch gefragter sein – sei es, um die gut versteckten Fehler auszumerzen oder gleich alles neu zu übersetzen.
Das wird teuer, aber das Ergebnis kann sich wenigstens sehen lassen.
Verbrennen Sie sich nicht die Finger
Machen wir mit folgendem Beispiel aus einem technischen Benutzerhandbuch die Probe aufs Exempel: „When the heater is on, the LEDs on the device light up and the surface is unsafe to touch. The surface can cause burns.“
Die deutsche Übersetzung durch DeepL: „Wenn die Heizung eingeschaltet ist, leuchten die LEDs am Gerät auf und die Oberfläche ist nicht berührungssicher. Die Oberfläche kann Verbrennungen verursachen.“
Und GoogleTranslate: „Wenn die Heizung eingeschaltet ist, leuchten die LEDs am Gerät auf und die Oberfläche ist berührungsempfindlich. Die Oberfläche kann Verbrennungen verursachen.“
Bei GoogleTranslate sieht man auf den ersten Blick, dass das nicht stimmen kann. Berührungsempfindlich ist etwas anderes als eine Oberfläche, die man aus Sicherheitsgründen nicht berühren sollte.
Aber DeepL – klingt doch gut, oder? Wer würde dieses Ergebnis ernsthaft anzweifeln, vor allem, wenn man nicht in beiden Sprachen fließend ist?
Und selbst deutsche Muttersprachler könnten sich hier täuschen lassen, wenn sie das notwendige Fachwissen nicht besitzen. Denn wir wissen nicht, was wir nicht wissen.
Der Teufel steckt im Detail
Der technische Fachübersetzer aber sieht, dass auch die Übersetzung von DeepL falsch ist. Und ein Blick in den Duden oder das englisch/deutsche Langenscheidt Technikwörterbuch untermauert das, denn „berührungssicher“ hat eine konkrete Bedeutung: „so gebaut, dass keine Berührung möglich ist”, z. B. „vollständig isoliert“. Das ist in unserem Beispiel aber gar nicht gemeint – der englische Ausgangssatz warnt einfach davor, die Oberfläche zu berühren, da sie heiß ist und Verbrennungen verursachen kann.
Die DeepL-Übersetzung „nicht berührungssicher“ sieht vielleicht korrekt aus – auch hier geht es um etwas, dass besser nicht berührt werden sollte. Aber „darf nicht berührt werden“ und „nicht berührungssicher“ bedeuten nicht das Gleiche: Das eine sagt etwas über den Zustand, während das andere definiert, wie etwas konstruiert ist, nämlich berührungssicher oder eben nicht.
Also doch: besser Finger weg und den Fachmann (oder die Fachfrau) machen lassen.
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DVÜD-Gastautorin Andrea Bernard ist Inhaberin der Spark Associates SAS und staatlich geprüfte technische Übersetzerin. Sie übersetzt aus dem Englischen, Japanischen und Französischen in ihre Muttersprache Deutsch und hat sich auf die Fachgebiete Elektronik und additive Fertigung spezialisiert. Neben dem Übersetzen unterrichtet Andrea einen Masterkurs für technische und wissenschaftliche englisch/deutsche Übersetzung an der ESIT (École Supérieure d’Interprètes et de Traducteurs) in Paris und arbeitet als Autorin.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, diesen Artikel zu lesen. Er basiert auf einem englischsprachigen Artikel zu diesem Thema, den Andrea Bernard im April 2018 auf LinkedIn veröffentlicht hat: https://www.linkedin.com/pulse/deepls-hidden-icebergs-example-andrea-bernard-the-spark/ Auf unsere Bitte hat die Autorin eine deutsche Version erstellt, wofür die Redaktion ihr herzlich dankt.
Die Kommentarfunktion wurde in Absprache mit der Autorin im Februar 2019 geschlossen. Nicht, weil wir die Diskussion abwürgen möchten, sondern weil zum damaligen Stand der Technik derzeit alles gesagt ist. Wer bei uns einen gut recherchierten Folgeartikel veröffentlichen möchte, um weitere Aspekte zu beleuchten, darf gern mit dem DVÜD e.V. Kontakt aufnehmen.
DeepL hat bei meinen Testläufen recht durchwachsen abgeschnitten. Wenn man US-Sportnachrichten durch das neuronale Netz jagt, kann es schon mal zu echten Brüllern kommen. Einfache spanische Sätze mit Vornamen, die auch Gegenstände oder Abstraktes bezeichnen können (Rosario = Rosenkranz) oder die seltener sind (Borja, männlicher Vorname), hat deepL überraschend souverän mit korrekten Possesivpronomen übersetzt. Wenn hingegen in einem Text eine spielentscheidende Szene einer NBA-Partie vorkommt, in der es um Lonzo Ball, den Aufbauspieler der Los Angeles Lakers, geht, wird dieser schon mal mit dem gleichnamigen Sportgerät verwechselt („der Ball“). Auch bei technischen Texten hat mich deepL nicht überzeugen können.
Was deepL nach meinem Dafürhalten wohl noch auf längere Sicht nicht lösen kann, sind wie im Artikel geschildert Fehler im Ausgangstext, die ein erfahrener Übersetzer sofort erkennt und ausbügelt, auch wenn es sich um etwas Sinnenstellendes handelt. Dazu ein Beispiel:
„Artie 3000, the creative coding robot, made a big splash at CES last week.“
DeepL übersetzt:
„Artie 3000, der kreative Codierroboter, sorgte auf der CES letzte Woche für Furore.“
Abgesehen davon, dass ein „coding „robot“ wohl eher mit „programmierbarer Roboter“ zu übersetzen ist, ist dieser Satz ziemlich gut.
Wenn ich aber nur eine einzige Präposition („at“) herausnehme – einer der häufigsten Fehler in Ausgangstexten –, dann wird das Ganze zur Katastrophe:
Artie 3000, the creative coding robot, made a big splash CES last week.“
„Artie 3000, der kreative Codierroboter, hat einen großer Spritzer CES letzte Woche.“
Wie eben Andrea in einem der Kommentare zu diesem Artikel geschrieben hat: „Wir Übersetzer sind *jeden Tag* mit suboptimalen oder gar falschen Quelltexten konfrontiert. Und wir machen daraus optimale und korrekte Zieltexte, weil wir nachdenken, Sachwissen mitbringen, den Kontext beachten und mit dem Autoren des Ausgangstextes im Austausch stehen. All das kann die Maschine nicht.“
Unsafe to touch= Unsicher anzufassen = riskant anzufassen.
–> Satz: “… und es wäre riskant, die Oberfläche zu berühren.”
Die Neuronen der MÜs werden es mit der Zeit lernen. Das Zeitalter der Neuronal-arbeitenden Maschinen beginnt ja grade erst. Wir dürfen gespannt sein. Alleine dieser Dialog unter (bisher nur) Menschen zeigt, wie weit die Technik bereits ist. Ob das gut oder schlecht ist, wird sich zeigen.
Das Problem ist: Wir wissen nicht, was die Maschinen lernen. Wir wissen nicht einmal, welche Kriterien sie auswählen. Insofern gehören Übersetzungen weiterhin in versierte Hände.
Ein fröhliches Hallo zurück. Aber dennoch möchte ich nicht locker lassen: Ich habe das Problem im Satz erkannt. Ich verstehe aber immer noch nicht, wie eine gute Übersetzung des Satzes durch einen menschlichen Übsetzer aussehen soll.
Das Original: Englisch: “When the heater is on, the LEDs on the device light up and the surface is unsafe to touch. The surface can cause burns.”
Sie haben vorgeschlagen = “unsafe to touch” = “darf nicht berührt werden”?
Würden Sie also schreiben: “Wenn die Heizung eingeschaltet ist, leuchten die LEDs am Gerät auf und die Oberfläche darf nicht berührt werden. Die Oberfläche kann Verbrennungen verursachen.” ?
Ich schlage vor: unsafe to touch = nicht vor Gefahren geschützt?
Also lautet mein Satz: “Wenn die Heizung eingeschaltet ist, leuchten die LEDs am Gerät auf, und das Berühren der Oberfläche ist nicht vor Gefahren geschützt. Die Oberfläche kann Verbrennungen verursachen.”
Als Redakteur gefallen mir “darf nicht berührt werden” oder noch weitergehende aktive Umformulierungen besser, aber das steht ja so nicht im englischen Original.
Wie lautet der Satz Ihrer Meinung nach richtig übersetzt?
Eigentlich verlangen Sie eine “Veredelung” des Ausgangsatzes. Das halte ich bei technischen Übersetzungen auch für problematisch. So ein Satz bedeutet für mich die Forderung an den Autor, ihn umzuschreiben. So oder so passt das nicht zu Honoraren, die heute üblicherweise bezahlt werden.
Eigentlich verlangen Sie eine “Veredelung” des Ausgangsatzes. Das halte ich bei technischen Übersetzungen auch für problematisch. So ein Satz bedeutet für mich die Forderung an den Autor, ihn umzuschreiben.
Letztlich geht es genau darum, Herr Gust. Die Maschine erkennt nicht, ob der Ausgangstext unklar ist. Sie denkt nicht mit. So werden Fehler fortgeschrieben oder Punkte, die im Ausgangspunkt lediglich unklar waren, im Zieltext plötzlich falsch. Gut ausgebildete Fachübersetzer können Rückfragen stellen – sie werden fürs Denken bezahlt, nicht für das Tippen passender Worte in einer anderen Sprache.
Ein fröhliches Hallo in die Runde,
Als Autorin dieses Gastbeitrags möchte ich mich für das zahlreiche Feedback bedanken und gerne nochmal auf einige Kommentare eingehen.
@Peter
“Vielleicht steht der Autor kurz vor der eigenen Rente. Ein 30-Jähriger Übersetzer wird sich aber definitiv über einen alternativen Lebensweg Gedanken machen müssen.”
Nein, die Autorin des Betrags steht nicht kurz vor der Rente, danke der Nachfrage. Ich habe noch gut 20 jahre vor mir, gerne auch mehr.
Und nein, ich glaube nicht, dass sich ein heute 30-jähriger Übersetzer “definitv über einen alternativen Lebensweg Gedanken machen muss”. Ansonsten würde ich nicht an der Universität weiterhin junge Menschen in diesem wunderschönen Beruf ausbilden.
Wie sagt man? “Totgesagte leben länger”. Unser Beruf wird sich wandeln, verschwinden wird er nicht.
@Peter
“Es wäre schön gewesen, wenn Sie mit einem Experten für ML oder DL gesprochen hätten, oder direkt mit den Entwicklern dieser Software, und diese in den Beitrag eingebunden hätten.”
Das ist richtig, aber ich wollte meinen Beitrag ganz bewusst aus der Sicht einer technischen Übersetzerin schreiben, die aus ihrem Alltag berichtet. Meine Erfahrung, meine Meinung, man muss sie ja nicht teilen.
Ich verweise aber hier mal ganz aktuell auf ein tolles Interview mit Ralf Lemster, Vizepräsident des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) und Experte für maschinelle Übersetzung, mit der SZ:
Zu komplexe Texte
https://www.sueddeutsche.de/wissen/uebersetzer-zu-komplexe-texte-1.4302604
Ein Zitat:
SZ: Klauen Ihnen digitale Übersetzungsprogramme wie DeepL gerade den Job?
Ralf Lemster: Definitiv nicht. Ich bin Fachübersetzer für Finanztexte, und diese Programme sind für uns keine Konkurrenz. Wir übersetzen Geschäftsberichte, Produktbeschreibungen, auch mal eine Anklageschrift, da wäre es keine gute Idee, das maschinell übersetzen zu lassen.
@Dieter Gust
“Warum kat keiner der Übersetzer klar in Frage gestellt, ob die Formulierung “unsafe to touch” überhaupt ein zulässiges, passendes English für den Original-Text ist?”
Das ist ein guter Einwand. Diese Passage hätte man im Englischen sicher besser formulieren können, aber aus dem Kontext des Textes wird ganz klar, was genau gemeint ist, und es ist nicht “berührungssicher”.
Wir Übersetzer sind *jeden Tag* mit suboptimalen oder gar falschen Quelltexten konfrontiert. Und wir machen daraus optimale und korrekte Zieltexte, weil wir nachdenken, Sachwissen mitbringen, den Kontext beachten und mit dem Autoren des Ausgangstextes im Austausch stehen. All das kann die Maschine nicht.
Ich sage immer, was ich beim Chaos Computer Club schon vor mehr als 20 Jahren gehört habe: “Alles, was eine Maschine kann, sollte auch von einer Maschine gemacht werden.” Wir Menschen können uns dann auf das konzentrieren, was die Maschine nicht kann. Ist das nicht schön?
In diesem Sinne wünsche ich allen ein frohes Wochenende!
Andrea Bernard
Technische Übersetzerin
http://www.thespark.info
Warum kat keiner der Übersetzer klar in Frage gestellt, ob die Formulierung “unsafe to touch” überhaupt ein zulässiges, passendes English für den Original-Text ist? Und warum hat kein Beitrag eine fertige übersetzte passende “Top-“Formulierung” vertreten? Zu philosophieren, was gemeint sein müsste und was man in der deutschen Übersetzung beachten müsste (und weder DeepL noch Google Translate beachten) ist noch kein übersetzter Text. Alle menschlichen Übersetzer müssen heute praktisch im Akkord arbeiten. Ich möchte denjenigen Fachübersetzer hier lesen können, der den Beispielsatz so adäquat übersetzt, dass alle anderen menschlichen Fach-Übersetzer sagen, das passt! Alles andere zeigt nur, dass “MT auch nur menschlich” ist und sich irren kann.
Also ich bin von der DeepL Qualität beeindruckt. Ich finde auch toll, dass es auch sogenannte “Plugins” mit der DeepL-Schnittstelle auf den Markt kommen. z.B. Neuronto WordPress Plugin kann mithilfe von DeepL auch Webseiten übersetzen und co. Man kann also diese Technologie überall integrieren.
Ich weiß nicht wo das Problem ist. Habe bisher für alle Projekte und Aufsätze im Spanischunterricht meine 15 Punkte bekommen. Mein Lehrer ist übrigens Spanier.
Meine Aufsätze waren sehr komplex gebaut. Viele Nebensätze und komplizierte Sätze, und trotzdem konnte man keinen Fehler entdecken.
Verstehe das Problem gar nicht. Das konkrete Beispiel zur Berührungssicherheit hat DeepL doch korrekt gelöst. Die Heizung ist nun mal nicht berührungssicher, sowie eine Freileitung in der Hochspannung und diese Freileitung ist ja auch nicht isoliert. In dem Falle würde ich die Heizung mit einem offenen Feuer gleichsetzen, was man auch nicht anfassen sollte.
Ein guter Beitrag und eine ebenso gute und wohltuend sachliche anschließende Diskussion. Wenn doch alle Internet-Foren dies böten.
Übersetzen hat m. E. philosophische Aspekte. Literarische Gattung? Soziokulturelle Ebene? Stil, usw. usf. …
@Erich: Du hast auf den Punkt gebracht, was mich bewegt: Wenn ich eigene Lyrik versuche ins Englische rüberzubringen (in einer Rohversion), dann endet das bisweilen damit, dass ich das Original ändere!
Zurück zum “Philosophischen”: Mein Lehrer für Altgriechisch hat vor 45 Jahren den Ausspruch getätigt: “Sprache ist nicht logisch. Sprache ist psycho-logisch.” Ich würde ihm dafür heute noch gern durch den Grabdeckel hindurch um den Hals fallen.
Man lasse DeepL ein Gedicht von G. Trakl übersetzen.
Oder ein Haiku von Bashoo zurück ins Japanische:
“In Kyoto bin ich,
doch beim Schrei des Kuckucks
sehn ich mich nach Kyoto.”
“Der Schein trügt” trifft eher auf den Titel des Artikels selbst zu! Aus dem Artikel geht nämlich keinesfalls hervor, dass sich die Kritik ausschließlich auf technische Handbücher bezieht, wie sich die Autorin nachträglich zu kritischen Kommentaren aus der Affäre zu ziehen versucht. In Wahrheit ging es ihr offenbar nur um den Aufmerksamkeitseffekt, den sie leider auch noch anhand eines unglücklich trivialen Beispiels rechtzufertigen versucht. DeepL kann gar keine Mogelpackung sein, weil es auf Milliarden von Beispielübersetzungen von Profiübersetzern aufsetzt, die sich bestimmt nicht alle irren. Darin besteht ja die Genialität und Kapitalisierung des Systems. Es war m.E. der einzig sinnvolle Weg zu wirklicher Qualität, die ein bis vor kurzem undenkbares Niveau erreicht hat. Der Fachmann mag zwar nicht zu 100%, aber doch zu weit über 70% ersetzbar geworden sein. Jedenfalls könnte er zumindest seinen Stundensatz um denselben Prozentsatz senken, weil er sich denselben Zeitanteil durch DeepLs hochwertige Vorübersetzung spart.
Ich verstehe die Absicht des Artikels und bin bei den Hauptaussagen definitiv d’accord: Zum jetzigen Zeitpunkt ist gerade beim Erstellen von haftungsrelevanten Dokumenten/Inhalten ein professionelles Post-Editing in jedem Fall absolute Pflicht.
Leider wird in diesem Beitrag nur über öffentliche MT Engines berichtet, also Engines, die von allen Interessenten mit Internetzugang kostenlos genutzt werden können. Nun ist es aber so, dass gerade im Unternehmenskontext “private” MT-Engines zum Einsatz kommen, die lernfähig sind, z.T. lokal auf Firmenservern installiert und bspw. mit der Firmenterminologie “gefüttert” und dadurch trainiert werden können. Mit diesen privaten MT Engines erhält man bereits weitaus bessere Ergebnisse und ist auch datenschutz- bzw. datensicherheitstechnisch auf der sicheren Seite.
Allgemein ist zu sagen, dass MT definitiv eine Daseinsberechtigung hat. Gerade bei vergleichsweise “unkritischen” Texten, wo es hauptsächlich um kurze Markteinführungszeiten (z.B. in einem multilingualen Online Shop für Luxusmode) geht, kann MT bereits heute eine echte Alternative zu Humanübersetzern sein.
Sie geben Entwarnung für den Beruf? Als Informatiker kann ich da nur alle warnen. Machine Learning hat eine viel schnellere Lernkurve als Sie vermuten können. Sie sehen hier das Ergebnis einer Entwicklung von wenigen Jahren und wenig Kapital. Betrachten Sie mal die Bilanz dieses Unternehmens und die steigende Attraktivität für Investoren. Wie sieht es also in naher Zukunft von 5-15 Jahren. Dann werden genau die Berufe der Übersetzer und Dolmetscher ersetzbar gemacht sein.
Es wäre schon gewesen, wenn Sie mit einem Experten für ML oder DL gesprochen hätten, oder direkt mit den Entwicklern dieser Software, und diese in den Beitrag eingebunden hätten.
Vielleicht steht der Autor kurz vor der eigenen Rente. Ein 30-Jähriger Übersetzer wird sich aber definitiv über einen alternativen Lebensweg Gedanken machen müssen.
Ich weiß nicht was ihr habt, ich schreibe seit Monaten mit einer Frau aus Mexiko und sie versteht was ich will, andersrum genauso. Klar hat auch der Übersetzer seine Macken, aber kurze Sätze werden sehr gut übersetzt, besser als mit dem Google Übersetzer. wenn man nach dem Koma die nächste Zeile benutzt und die ist die Übersetzung sogar recht genau ich habe es mit anderen Übersetzer getestet und DeepL hat die beste Übersetzung die man Als Laien haben kann.
Aber sind wir mal ehrlich; auch wenn “nicht berührungssicher” vielleicht nicht der absolut korrekte Begriff ist, so weiß doch jeder, was gemeint ist und dass er die Finger von der Oberfläche lassen soll, damit er sich nicht verbrennt. Und das ist doch das Ziel.
Als recht fragwürdiger Laie erlaube ich mir trotzdem einmal diesen Einwand.
Um auf das Beispiel einzugehen, möchte ich die fragwürdige Übersetzung dahingehend anzweifeln, dass nach meiner Meinung auch schon der Originaltext missverständlich ist: …”unsafe to touch”. “Do not touch” etc. wäre wahrscheinlich besser gewesen und sicher auch von Google als auch von deepl anders interpretiert worden. Auch mancher Fachübersetzer wäre hier eventuell gestolpert…
Guten Tag
Ich gebe oft Texte zum Übersetzen, und das überwiegende Problem ist leider “Shit in – Shit out”. Ja, genau, da muss ich mich als Texter zuallerst selber an der Nase nehmen!!!
So auch hier, unsafe to touch! Keine klare Ansage, keine klare Übersetzung.
Gerade bei Warnhinweisen muss die Aussage klar sein, heisse Oberfläche darf nicht berührt werden.
Ich bin mir sicher, dass dies dann auch korrekt übersetzt wird.
Deepl ist leider nicht gut in berühmten Zitaten/ Redewendungen: z.B. bei “the rain in Spain falls mainly on the plain” wird der “Regen auf der Ebene” angeboten statt schon lange etabliert “es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen”. (s. My Fair Lady)
Hallo Frau Lüdke,
ein wichtiger Hinweis zu den Grenzen der Maschine. Für solche kulturellen Adaptionen war DeepL wohl nie gedacht – beim Maschinenübersetzen geht es nicht in erster Linie um die Vermittlung von Kultur, sondern um die schnelle, möglichst brauchbare Übertragung großer Mengen standardisierter Inhalte mit geringfügigen Abweichungen. Ich finde die Diskussion zu diesem Artikel sehr spannend, denn die technische Entwicklung bleibt nicht stehen. Übersetzer*innen aller Sparten sollten genau beobachten, was da gerade geschieht, und prüfen, ob und wie man neue Technologie auf dem eigenen Gebiet nutzen könnte. Auch, um bei Anfragen korrekt erklären zu können, warum ein Einsatz von MÜ bei manchen Texten sinnvoll sein kann – und bei anderen (in Literatur und Kunst) einem Kunstfehler gleichkommt.
Hallo,
der Beitrag erscheint etwas unsinnig. Wenn es darum geht, einen englischen Begleittext eines Produktes zu verstehen, liefert DeepL und Google Translate einen sehr guten Job. Bereits aus dem Kontext ist für den Menschen ersichtlich, worum es geht. In zahlreichen Beispielen ist sogar DeepL menschlichen Übersetzern überlegen. Beim Satz: “Bitte das Petroleum langsam in die Lampe geben.” übersetzt DeepL korrekt: “Please put the kerosene slowly into the lamp.” 90% der menschlichen Übersetzer hätten “Petroleum” mit “petroleum” (EN für Rohöl) übersetzt.
Sie haben recht, wenn es darum geht, im Alltag die grobe Linie eines fremdsprachigen Textes zu verstehen, sind DeepL und Google Translate gute Helfer. Bei technischen Gebrauchsanweisungen oder Anleitungen zum Zusammenbau eines Möbelstücks wäre ich allerdings schon eher vorsichtig.
Ich hätte in meinem Beitrag klarstellen sollen, dass es mir nicht um die private Übersetzung alltäglicher Dokumente geht, sondern um die Übersetzung kommerzieller Dokumente durch Unternehmen, deren Ruf und gesetzliche Haftung davon abhängen, dass die Übersetzung sprachlich und vor allem inhaltlich korrekt und eindeutig ist.
Ich glaube allerdings nicht, dass Fachübersetzer im von Ihnen angegebenen Kontext den Begriff Petroleum (DE) mit petroleum (EN) übersetzen würden, ich würde es jedenfalls nicht, und von solchen qualifizierten Übersetzern war in meinem Beitrag genau die Rede.
Allgemein gesagt haben Sie allerdings recht, LEIDER ist DeepL inzwischen oft besser als manche Humanübersetzer, diese sind dann aber eben auch nicht spezialisiert bzw. betreiben keine professionelle Recherche, was am Ende auf das gleiche hinausläuft. Gerade deswegen ist es wichtig, beim Lektorat von maschinenübersetzten kommerziellen Texten wirklich qualifizierte Fachübersetzer heranzuziehen, die natürlich entsprechend kosten.
Guten Tag,
ich benutze DeepL um vom Deutschen ins Französische zu übersetzen. Der Übersetzer ist nicht perfekt, aber er bietet die Möglichkeit, den Text elegant zu korrigieren und hat dazu eine Vorschlagsliste. Er wählt fast immer die “Sie-Form” auch wenn man im Deutschen das “Du” verwendet. Aber auch das lässt sich problemlos in DeepL korrigieren. Manche kurzen Sätze verdoppelt er einfach in der Übersetzung. Blind vetrauen darf man der Übersetzung nicht, aber man muss kein Spezialist sein.
Wenn Sie DeepL verwenden, um Ihre private Korrespondenz ins Französische zu übersetzen, ist das sicher möglich. Bei kommerziellen Texten würde ich das nicht empfehlen, sofern Französisch nicht Ihre Muttersprache ist, denn in diesem Fall können Sie die Qualität des Outputs nicht endgültig beurteilen und bräuchten einen französischen Lektor für die Revision.
Und vielleicht hat DeepL sogar recht, wenn es das deutsche “Du” in ein französisches “Vous” umwandelt, denn „Vous“ ist in Frankreich immer noch weitaus weiter verbreitet als das „Sie“ bei uns. Ich sieze zum Beispiel meine französischen Schwiegereltern, die in Frankreich dabei nicht zur Oberschicht gehören.
Guten Tag
All die außerordentlich spezielle Problematik mag wichtig sein für technische Handbücher. Das ist dafür notwendig. Nicht aber Im Alltag und bei einer nichtamtlichen Kommunikation. Also liebe Superübersetzer: laßt die Kirche im Dorf.
Ich hätte das in meinem Beitrag noch klarer ausdrücken sollen, Sie haben recht: Mir ging es ausschließlich um die offizielle Übersetzung von Dokumenten für den geschäftlichen Gebrauch und nicht um Texte im Alltag und bei nichtamtlicher Kommunikation. In solchen Fällen können wir die Kirche gerne im Dorf lassen.
Sehr guter Beitrag. Ich sehe die Hauptschwäche von MÜ allerdings nicht in Nuancen einzelner Wörter, sondern darin, dass die Terminologie nicht kontrolliert ist. D.h. einmal übersetzt die MÜ “not safe to touch” als “nicht berührungssicher” ein anderes mal als “berührungsempfindlich”. Selbst wenn automatisch “darf nicht berührt werden” herauskäme, könnte man sich nicht darauf verlassen, dass nächstes Mal wieder dasselbe rauskommt. Die Angleichung der Terminologie ist nämlich auch ein Großteil der Arbeit beim Post-Editing.
Allerdings ist das statistische Verfahren der MÜ-Engine stärker als die manuellen Suchverfahren von Übersetzern wenn es um bestimmte Begriffe geht. Statischen Wörterbüchern ist es auch überlegen. Ein Beispiel dazu habe ich hier beschrieben: https://germling.com/2016/02/24/kongruente-ubersetzungen-finden/
Sie haben recht, dass Inkonsistenzen in der Terminologie ebenfalls eine große Schwäche bei der maschinellen Übersetzung darstellen und vom Übersetzer bei der Revision harmonisiert werden müssen, danke für diesen Hinweis. Allerdings erachte ich die Tatsache, dass falsche Termini in den maschinellen Übersetzungen enthalten sind, immer noch als gravierender als zwar inkonsistente aber grundsätzlich richtige Übersetzungen.
Ob die statistischen Verfahren der MÜ-Engine grundsätzlich dem manuellen Suchverfahren von Übersetzern überlegen sind, wage ich dagegen stark zu bezweifeln, denn das hängt letztendlich von der Kompetenz des Übersetzers ab. Auf jeden Fall sollte er/sie richtige Wörterbücher (und hier vor allem jeweils einsprachige) und die einschlägige Fachliteratur in beiden Sprachen bei seiner Recherche zurate ziehen. Linguee, Leo und Dict.cc stellen keine professionellen Terminologiquellen dar.
Siehe auch das sehr erhellende und unterhaltsame Kapitel „Exkurs: Kompetenzanforderungen an Terminografen“ im „Handbuch Technisches Übersetzen“ (Link: https://www.bdue-fachverlag.de/fachverlag/publikationen/detail_book/111) von Peter A. Schmitt.