Das Urheberrecht ist für Übersetzer ein Dauerthema, zu dem sich immer wieder Fragen ergeben. Selbst Texter wissen mitunter nicht, wann eine Übersetzung urheberrechtlich geschützt ist und wann nicht. Auch zum Thema der Nutzungsrechte und Verwertungsrechte bestehen viele Fragen. Dieser Artikel greift die wichtigsten Stichworte aus einem Webinar mit Maria Stichert auf.
Definition „Werk“
Urheber kann man nur von einem konkreten „Werk“ sein, und das deutsche Urheberrecht gilt für Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Ein solches Werk zeichnet sich in der Regel aus durch eine Kombination aus den folgenden Elementen:
- Wahrnehmbare Formgestaltung
- Persönliche Erbringung (auch von mehreren Miturhebern)
- Geistiger Gehalt
Diese drei Elemente prägen die „persönliche geistige Schöpfung“. Welche Werke geschützt sind, definiert § 2 des Urheberrechtsgesetzes. Die erforderliche Gestaltungshöhe wird allerdings im Sinne der „Kleinen Münze“ ausgelegt (Näheres bei Cebulla, siehe unten; Seite 82-84).
Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist in Deutschland nicht übertragbar. Alle gewünschten Änderungen (Stichwort „Entstellungsverbot“) müssen dem jeweiligen Urheber abgestimmt werden, ebenso die Nennung oder Nichtnennung des Namens.
Das Recht auf Namensnennung
Laut der Vereinbarung von Nairobi gelten zumindest Literaturübersetzer als Miturheber und haben ein verbrieftes Recht auf Namensnennung überall dort, wo der ursprüngliche Autor oder die ursprüngliche Autorin genannt wird – im Verlagsprogramm, im Bibliothekseintrag (wichtig für die Tantiemen der VG Wort), bei Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften oder bei Literaturfestivals. Handreichungen zum richtigen Umgang mit Übersetzernamen stellt der Freundeskreis zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen als PDF bereit.
Gerade bei Textern von Webseiten, Handbüchern oder anderen selbstständig erstellten Werken für den alltäglichen Gebrauch oder bei Ghostwritern bestehen zur Frage der Namensnennung viele Unklarheiten, ebenso zur Frage: „Darf der Kunde mit meinem Text eigentlich machen, was er will?“ (ein häufiges Frustthema für Übersetzer, wenn Kunden nachträglich einzelne Passagen ändern, ohne den ursprünglichen Übersetzer einzubeziehen).
Nutzungsrechte
Der Urheber kann bestimmte oder alle Nutzungsrechte an andere zur Verwertung abtreten, mit oder ohne Vergütung. Unsere DVÜD-Blogautoren beispielsweise übertragen dem DVÜD ihre Artikel ausschließlich zur Veröffentlichung auf unserem Blog. Änderungswünsche (z. B. aus optischen Gründen) oder Korrekturen werden abgesprochen, und für jede weitere Nutzung – insbesondere kommerzieller Art – muss eine neue Vereinbarung getroffen werden.
Eine spätere Veröffentlichung an anderer Stelle ist in Abstimmung mit den Urhebern und Urheberinnen selbstverständlich möglich und auch bereits vorgekommen. Eine solche Zweitverwertung bietet dem Urheber auch eine Chance, auf inzwischen eingetretene Änderungen einzugehen oder Kommentare einzubeziehen und so die öffentliche Debatte fortzusetzen.
Das Kürzel © für das „Copyright“ bezieht sich übrigens auf den Rechteinhaber. Mitunter muss man also sowohl den Urheber als auch den Rechteinhaber nennen. Unsere Blogfotos sind mehrheitlich CC0-Lizenzen, bei denen die Auflagen weniger streng sind – die Fotografennennung ist offiziell nicht erforderlich, und wir dürfen die Bilder beliebig bearbeiten, müssen aber natürlich in Kauf nehmen, dass auch andere auf solche „Stockfotos“ zugreifen.
Mehr erfahren
Am 24. Oktober geht Maria Stichert im Rahmen eines zweiten Webinars ausführlich auf die Verwertung von Nutzungsrechten für Übersetzer und Texter und damit auf konkretere Fragen ein, z.B.: „An welchen Hebeln kann man als Urheber bei den Verhandlungen ansetzen?“ oder „Welche Stellschrauben kann man justieren?“. Im Webinar werden verschiedene Optionen bei der Vergabe von Nutzungsrechten und auch die Frage der „angemessenen Vergütung“ besprochen.
Wer den DVÜD-Dienstag zu den Grundlagen von „Urheberrecht und Nutzungsrecht für Übersetzer und Texter“ mit Maria Stichert verpasst hat, kann dieses Webinar noch bis 2. Dezember 2018 auf dem DVÜD-Kanal nachträglich anhören und sich bei offenen Fragen schnell noch zum Live-Webinar anmelden.
Sekundärliteratur
Das Standardwerk zum Thema ist nach wie vor der derzeit leider vergriffene Titel „Das Urheberrecht der Übersetzer und Dolmetscher“ von Manuel Cebulla (Wissenschaftlicher Verlag Berlin 2007; 23 Euro). Inzwischen gibt es zwar neue EU-Gesetze und Urteile, aber noch keine überarbeitete Fassung dieses Grundlagenwerks.
Ansonsten bietet auch Mediafon sehr ausführliche Informationen.
Hallo,
ich hätte auch eine Frage.
Wie ist es, wenn ich für einen politischen Flyer den Text übersetze? Nehme ich nur den einmaligen Textpreis oder kommt es auf die Anzahl der gedruckten Flyer an? Wonach bemisst man da den Preis? Gibt es einen Richtwert? Ich soll eigenständig den Text etwas modellieren für eine Zielgruppe.
Hallo Aylin,
Kalkulation ist immer knifflig. Zwei Faktoren sind dabei wichtig:
1) Welchen Wert hat die eigene Zeit (Stunden- oder Tageshonorar)? Neben der eigentlichen Übersetzungsarbeit (Slogans kosten Zeit) gehört hierzu auch die Zeit für Absprachen und Rückfragen und für eventuelle Diskussionen mit Testleser*innen aus der Zielgruppe. Gerade wenn eigene Anpassungen erwünscht sind, wäre das eher Transkreation als Translation. Das ist sehr gut erklärt in dem Fachbuch „Translation – Transkreation“ von Nina Sattler-Hovdar.
2) Welchen Wert hat die Leistung für den Auftraggeber? Eine internationale Luxusmarke hat für ihre Kampagnen andere Budgets als eine politische Partei. Parteien setzen auf Agenturen, und die müssen auch gewinnorientiert arbeiten – genau wie wir Übersetzerinnen. Einen kleinen Einblick vermittelt dieser Artikel: https://www.deutschlandfunk.de/agenturen-im-wahlkampf-die-kanzlermacher.724.de.html?dram:article_id=393220. Vielleicht vereinbarst du eine bestimmte Summe für diesen speziellen Verwendungszweck (diesen konkreten Flyer, unveränderter Nachdruck) und triffst für die Nutzung für andere Verwendungszwecke (Website, Plakate, Slogans, Parteiprogramm etc.) eine separate Vereinbarung. Zumal hier vielleicht Anpassungen vorgenommen werden müssten.
Viel Erfolg beim Verhandeln!
Frage: Ich habe das Urheberrecht an einem von mir verfassten englischsprachigen Büchlein vertraglich an einen ungarischen Verlag abgegeben und zudem noch über 1000 € draufbezahlt.
Ich habe keine elektronische Fassung der englischsprachigen Druckversion.
Nun habe ich aufgrund einer 15 Monate alten Vorversion eine deutsche Übersetzung und Neubearbeitung gefertigt, die aber zu etwa 70 % mit der urheberrechtlich beim Verlag liegenden geschützten Version übereinstimmt.
Der Verlag verweigert die Genehmigung bzw. antwortete erst nach Ermahnung beleidigt und ablehnend.
Habe ich eine Chance, meinen Text auf deutsch zu publizieren?
Hallo Herr Holm,
das ist eine knifflige, rechtliche Frage. Im deutschen Recht wird zwischen Urheberrecht und Nutzungsrechten unterschieden – die Gültigkeit Ihres Vertrags sollten Sie mit einem Anwalt oder eine Anwältin klären, die sich mit deutschem und ungarischem Recht und Vertragsgestaltung auskennen.
Der größte deutsche Verband für Literaturübersetzer ist der VdÜ, er ist an die Gewerkschaft Verdi angegliedert. Dort bekommen Sie sicher einen guten Rat und vielleicht auch eine passende Anwaltsadresse: https://literaturuebersetzer.de/berufspraktisches/rechtliches/
Viel Erfolg
Imke Brodersen