Oder: Was würden Greta und Luisa tun?

Ein Beitrag von Lyam Bittar

Heute wieder: bundesweiter Klimastreik – die Politik an das 1,5 Grad-Ziel erinnern, das sie aus dem Blick zu verlieren droht. Ich schließe mich wie immer den Entrepreneurs for Future an, werde aber wie immer auch dieses Mal ein Bündnis auf den Straßen vermissen: Wo sind eigentlich die Translators for Future?

Ich wage mal eine kurze Kolumne dazu. Angenommen, jemand hätte die Verve, diese Gruppe ins Leben zu rufen, was wären dann unsere Ziele? Was würden Greta und Luisa tun, wären sie Übersetzer:innen?

An erster Stelle stünde sicherlich eine kommunikative Aufgabe. Die Bewegung muss inklusiver werden und die Communities ansprechen, in denen neben Deutsch auch andere Sprachen gelebt werden. Es bräuchte also engagierte Freiwillige, die all die Aufrufe, Flyer, Plakate und Infomaterialien, das How-to und das Wann-und-wo, übersetzen – zum Beispiel ins Türkische, Polnische, Russische, Arabische, Farsi oder Vietnamesische.

Das wäre also unser Engagement in die Bewegung hinein, wenn ich das provisorisch so nennen darf. Und wie sieht es in umgekehrter Richtung aus? Gäbe es Impulse aus der Bewegung heraus, die wir für unsere Branche mitnehmen könnten? Ich denke ja. Um eine Analogie zu bemühen: Wenn sich die Architects for Future für nachhaltiges Bauen einsetzen, sollten wir uns dann nicht für die Wende zum nachhaltigen Übersetzen starkmachen? Wenn wir als Gesellschaft den Kohleausstieg bis 2030 schaffen müssen, sollten wir als Branche da nicht mitziehen und in den nächsten sieben Jahren alle fossilen Unternehmen aus unseren Portfolios streichen?

Die Frage ist nicht neu. Michael Cronin, Professor für Translatologie an der Dublin City University, hat sie zum Beispiel schon 2017 in seinem Buch „Eco-Translation. Translation and Ecology in the Age of the Anthropocene“ aufgeworfen: „Wenn es Bemühungen gibt, Investitionen in fossile Unternehmen auszuschließen, sollte es dann nicht auch eine Bemühung sein, nicht mehr für sie zu übersetzen?“

Die Frage ist nicht als Boykottaufruf zu verstehen, darum geht es Michael Cronin nicht (und mir auch nicht). Entscheidend ist für ihn nicht in erster Linie, ob ein solcher Ausstieg realistisch ist, sondern dass wir uns für diese Debatte überhaupt öffnen. Wie tragen wir als Übersetzer:innen und als Agenturen mit unserer Arbeit und unserer Expertise zur Gestaltung unseres Planeten bei? Wie viel Verantwortung liegt auf unserer Seite, und welche Fragen sollten wir stellen, wenn wir für unsere Kund:innen tätig werden?

Kolumnen und Demos haben eins gemeinsam: Sie eignen sich gut, um Meinungen auf den Punkt zu bringen. Aber zum Meinungsaustausch taugen sie beide eher wenig. Wir brauchen beides – die pointierte Meinung und die konstruktive Diskussion.

Heute also: Bundesweiter Klimastreik. Und eine Einladung zum nächsten Online-Stammtisch am 15. März, bei dem wir diese Fragen angehen können.

Bis dahin gutes Übersetzen – ich freue mich auf unseren Austausch!

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