Bahnhofshalle mit Schnellzug
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Wenn man ehrlich ist, ist Reisen einfach keine sehr nachhaltige Angelegenheit. Das mag noch angehen, wenn man mit Fahrrad und Zelt die Ostsee entlangtingelt, spätestens für Geschäftsreisen wird es aber einfach schwierig. Und auch da gibt es Abstufungen: Bin ich als Teilnehmerin auf einer Veranstaltung, habe ich deutlich mehr Möglichkeiten, als wenn ich zum Dolmetschen auf einer Konferenz gebucht bin, denn dann lasse ich mir einfach ein Zimmer im Konferenzhotel stellen. Alles andere ist schlicht unpraktikabel. Aber sehen wir uns die verschiedenen Faktoren genauer an.

Anfahrt

Dass in den allermeisten Fällen die Bahn das umweltfreundlichste Verkehrsmittel ist, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Ich als führerscheinlose Schon-immer-Bahnfahrerin bin da vielleicht ein wenig parteiisch, aber ich finde sie auch sonst die angenehmste Art zu reisen: Kein Schlangestehen am Gate, keine Sicherheitskontrolle, kein Im-Stau-Stecken, dafür die Möglichkeit, in Ruhe zu arbeiten. Aber das ist natürlich Geschmackssache und hängt nicht zuletzt von der genauen Reiseroute ab.

Für sehr weite Wege ist Bahnfahren leider nicht immer praktikabel und manche Kunden bestehen auch darauf, dass das günstigste Verkehrsmittel gewählt wird. Derzeit experimentieren einige Airlines mit verschiedenen Kraftstoffen und Modellen zur erhöhten Nachhaltigkeit, aber das ist alles noch lange nicht spruchreif und wird es vielleicht auch nie. In solchen Fällen empfiehlt sich gegebenenfalls eine Kompensation. Auch hier gibt es Qualitätsunterschiede: Stiftung Warentest hat verschiedene Anbieter getestet. Wer keine Zeit oder keine Lust hat, sich damit auseinanderzusetzen, kann es sich auch einfach machen, die Empfehlung des Umweltbundesamtes befolgen und auf das Siegel des Gold Standard achten.

Nicht vergessen: Zur Anfahrt gehören auch der Weg zum bzw. vom Bahnhof oder Flughafen. Klar, manchmal ist ein Taxi unumgänglich, zum Beispiel, wenn ich mal wieder auf dem Weg in irgendeinen Kuhstall bin und mich keiner abholen kann. Aber gerade Konferenzhotels sind oft auch hervorragend mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln zu erreichen. Meist reicht ein kurzer Blick auf die Website des Veranstaltungsortes. Wenn man nicht im Konferenzhotel wohnt, ist ein Leihfahrrad eine Überlegung wert. In den meisten Großstädten geht das inzwischen per App, vergrößert den Radius der neben der Veranstaltung reingequetschten Erkundungszüge ungemein und bringt den Kreislauf in Schwung, was mir auf Konferenzen immer wirklich fehlt. Achtung: E-Scooter sind in Sachen Nachhaltigkeit eher eine Mogelpackung.

Übernachtung

Ein weiterer großer Faktor ist das Übernachten. Zwischen Zeltplatz und Luxushotel liegt eine ganze Menge. Nun ist Zelten nicht jedermanns Sache und schon gar nicht immer praktikabel. (Wo soll ich denn da bitte meinen Hosenanzug aufhängen?) Wer selber bucht, kann zumindest schauen, ob es am Zielort ein nachhaltiges Hotel gibt, Utopia hat eine Liste mit Suchseiten und Buchungsplattformen zusammengestellt. Pensionen und kleine Hotels setzen sich auch häufig in der Richtung ein und auch Ferienwohnung oder Ferienhaus haben Vorteile. Ich bin einfach nicht darauf angewiesen, täglich neue Handtücher zu bekommen. Wobei: Bei vielen größeren Hotelketten findet sich inzwischen auf der Hotelseite im Gästebereich die Möglichkeit, das Housekeeping für die Dauer des Aufenthalts – oder auch nur für bestimmte Tage – abzubestellen. Denen geht es häufig eher darum, Kosten zu sparen, aber im Ergebnis ist die Umweltbilanz trotzdem besser. Sollte das über die Website nicht klappen, kann man auch an der Rezeption Bescheid geben oder (noch leichter) das Bitte-nicht-stören-Schild an der Tür hängen lassen. Vielleicht freuen sich auch Leute vom Reinigungsteam, wenn sie etwas früher Feierabend machen können. Immerhin hat Nachhaltigkeit auch eine soziale Dimension, auch wenn das natürlich anders gemeint ist und sich eher auf die Kontroverse um Airbnb bezieht.

Verpflegung

Mit Blick auf die Umweltbilanz ist die Verpflegung vielleicht einer der kleineren Posten, aber für das Wohlbefinden auf längeren Fahrten ist sie erheblich. Warum also nicht das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden? Mit ein wenig Vorbereitung ist zumindest die Hinfahrt üblicherweise kein Problem: Wasserflasche auffüllen, Lunchpaket packen, fertig. Die Rückfahrt ist manchmal etwas kniffelig. Aber an dem meisten Bahnhöfen gibt es irgendwo einen Bäcker und die Brotdose von der Hinfahrt nimmt das Brötchen gerne auf. Und wenn nicht, dann kann man die anstehende Heimreise vielleicht auch mit einer kleinen Ausnahme feiern. Das Ganze hat nicht nur den Nachhaltigkeitsvorteil, sondern ich bekomme auch immer etwas zu essen, das mir tatsächlich schmeckt. (Warum gibt es am Berliner Hauptbahnhof eigentlich keine leckeren Kleinigkeiten? Warum??) Und günstiger ist es in aller Regel auch.

Ich habe mir außerdem einen Thermoskaffeebecher angeschafft. Da bleibt der Kaffee länger heiß und damit länger lecker. Praktischer Nebeneffekt: Auf dem Becher ist mein Firmenlogo eingraviert und ich wurde tatsächlich schon drauf angesprochen. Wer nicht fürs Catering eingeplant ist, kann sich außerdem im Internet informieren, eine Reihe von Plattformen listet wahlweise vegane, vegetarische, regionale oder nachhaltige Restaurants. Achtung: Die sind gelegentlich lokal stark begrenzt, es lohnt sich unter Umständen, für jede Stadt einzeln zu suchen. Wenn eine*r von euch eine feine Metasuche hierfür findet: bitte melden.

Schwieriger ist es natürlich, wenn man irgendwo für das Catering eingeplant ist. Aber auch da kann man etwas machen: Zum Beispiel sich für das vegetarische Menü eintragen.

Dies und das

Überhaupt gilt natürlich, dass viele Dinge unterwegs gar nicht sooo anders sind als zuhause. Ob nun die Klimabilanz der eigenen Ernährungsweise, Zimmertemperatur, Stoßlüften, nur das Nötigste wirklich ausdrucken – Ihr kennt das. Einiges hängt auch davon ab, worum genau es bei der Geschäftsreise eigentlich geht.

Vor einiger Zeit habe ich zum Beispiel auf Facebook ein Gespräch mit einer Kollegin geführt, die sich auf eine Messe vorbereitet hat. Anstatt neue Visitenkarten zu bestellen, hat sie sich von ihrem Partner ein Tablet geborgt und bei Interesse einen PDF-Flyer vorgezeigt und sofort per E-Mail verschickt. Fällt eindeutig unter „Tue Gutes und rede darüber“, vielleicht hat es sogar eine gewisse Werbewirkung?

Habt ihr weitere Ideen, Hinweise, Quellen? Immer her damit! Wir (ich habe mit Sarah Ziegler und Alexander Radeke für diesen Artikel gebrainstormt) werden den Artikel in der Folge einmal um alle eingegangenen Vorschläge ergänzen, denn unsere kleine Liste ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Wenn wir alle zusammenarbeiten, werden wir auch alle besser!

DVÜD-Gastautorin Ulla Struck übersetzt und dolmetscht in den Sprachkombinationen Deutsch<>Englisch und Deutsch<>Französisch. Sie hat sich auf Nachhaltigkeit in Landwirtschaft und Bauwesen spezialisiert und liebt an ihrem Beruf besonders die Abwechslung.

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