Spätestens seit dem Beitrag des AVÜ von Montag wissen wir, dass wir uns auf die automatischen Untertitel und deren Übersetzungen, wie sie uns einige bekannte Plattformen anbieten, nicht verlassen können – das Feld ist also für Übersetzer:innen durchaus attraktiv. Nun stellt sich für Interessierte jedoch die Frage, wie sich Dateiformate wie SRT überhaupt verarbeiten lassen – mit handelsüblichen Textverarbeitungsprogrammen lassen sie sich jedenfalls nicht ohne Weiteres öffnen.

Allerdings benötigt man mittlerweile auch keine sündhaft teuren Spezialprogramme mehr, um in diesem Bereich richtig durchstarten zu können. Natürlich haben auch diese noch ihre Daseinsberechtigung, doch sind die Zugangshürden insgesamt deutlich gesunken. Nach wie vor sind hochwertige Kopfhörer oder Lautsprecher notwendig, um das gesprochene Wort möglichst deutlich zu hören, und auch die Hardware sollte Filme möglichst mühelos abspielen können – aber auf der Software-Seite ist der Einstieg mittlerweile sehr einfach und preisgünstig machbar.

Da aussagekräftige Bilder leider nur im echten Einsatz möglich sind, also mit geladenem Film, müssen wir für diesen Artikel leider auf Bildmaterial auskommen – beim Urheberrecht versteht man in der Filmbranche bekanntlich keinen Spaß.

Plug-ins

Wer Trados Studio oder MemoQ nutzt, kann sich kostenlose Plug-ins über die offiziellen Quellen installieren, mit denen das bereits vertraute CAT-Programm auch Untertitel beherrscht. Auf beiden Plattformen funktioniert das Ganze recht reibungslos. Die Untertiteldatei in der Ausgangssprache und das Video werden problemlos geladen, auch der Film springt immer zur passenden Stelle, wenn man dies wünscht, sodass man sich die zu übersetzenden Stellen auch anhören kann. Auch die Vorgaben bezüglich Zeilenlänge, Zeichen pro Sekunde oder Wörter pro Minute lassen sich mühelos eingeben und überprüfen. Dazu sind auch alle sonstigen Funktionen voll verfügbar, mit denen uns CAT-Tools die Arbeit erleichtern.

Was allerdings fehlt, ist eine Waveform-Darstellung. Das bedeutet, Untertitel lassen sich nicht gezielt verlängern oder an bestimmten Punkten teilen – was manchmal durchaus zum Problem werden kann, wenn einzelne Zeilen einfach nicht in die vorgegebene Zeichenzahl passen wollen, oder wenn in der Zielsprache innerhalb eines Satzes am Timing nachjustiert werden muss.

Insgesamt erhält man also recht einfache Lösungen, um komfortabel Übersetzungen aus einer Transkription des Quellvideos zu erstellen sowie Translation Memories und Glossare effektiv zu nutzen – was besonders bei Dokumentationen oder Lehrvideos die Arbeit deutlich erleichtert. Detailarbeit an der technischen Seite ist hier jedoch nicht möglich. Zudem ist man auf eine bestehende Transkription angewiesen, kann also keine Untertitel direkt aus dem Video erstellen.

+ kostenlos verfügbar (wenn das Grundprogramm vorhanden ist)
+ TMs und Glossare sind gut nutzbar
+ vertraute Oberfläche, einfache Bedienung
– keine Waveform-Datei
– begrenzte Bearbeitungsmöglichkeiten
– bestehende Transkription zwingend notwendig

Freeware

Auch spezielle Bearbeitungsprogramme sind mittlerweile kostenlos erhältlich. Beispielhaft möchte ich hier auf Subtitle Edit eingehen, da ich dieses Programm selbst seit Jahren nutze.

Was hier auf den ersten Blick auffällt, ist die Möglichkeit, sich die einzelnen Untertitel gemeinsam mit der Audiospur anzeigen zu lassen – dies ist die zuvor fehlende Waveform-Ansicht. Hier lassen sich Untertitel beliebig verschieben, verlängern und verkürzen, gezielt teilen und zusammenfügen – und auch neu erstellen, falls ein deutlich hörbarer Satz in der Transkription fehlt oder die Aufgabe von vorneherein lautet, die Übersetzung ohne vorherige Transkription aus der Audiodatei zu erstellen. Auch spätere Anpassungen auf einen neuen Cut sind hier schnell möglich – wie sich überhaupt die technische Seite der Untertitel nach Herzenslust bearbeiten lässt. Einsteiger können von diesen ganzen Möglichkeiten zwar erst einmal förmlich erschlagen werden, man sollte also vor der ersten Übersetzung ein wenig Zeit einplanen.

Natürlich lassen sich auch hier die Vorgaben des Kunden bis ins Detail einstellen – Zeichen pro Zeile, Zeichen pro Sekunde, Worte pro Minute, Zeitabstände zwischen den einzelnen Einblendungen (in Millisekunden und in Frames) – an alle Feinheiten wurde gedacht. Auch ein Übersetzermodus ist vorgesehen, in dem Quell- und Zieltext nebeneinander angezeigt werden.

Dieser Modus ist allerdings auch das Einzige, was Übersetzern entgegenkommt. Leider gibt es keine Möglichkeit, Translation Memories (TMs) und Glossare einzubinden, wir sind also auf gute alte Handarbeit zurückgeworfen. Zudem kann es, wie schon erwähnt, ein wenig dauern, sich in das Programm einzufinden.

+ Umfangreiche Bearbeitungsmöglichkeiten
+ Waveform verfügbar
+ kostenlos erhältlich
+ Mit und ohne vorherige Transkription nutzbar
– zu Beginn etwas unübersichtlich
– keine TMs und Glossare
– viel Handarbeit

Kostenpflichtige Programme

Natürlich gibt es auch nach wie vor kostenpflichtige Programme, wie EZTitles oder AYATO 3. Hier erhält man neben den Funktionen der kostenlosen Programme umfangreiche Automatisierungsoptionen, die besonders dann hilfreich sind, wenn man Untertitel ohne Vorlage erstellt – genaues Spotting und Timing ist nicht nur eine Kunst, sondern obendrein noch zeitaufwändig.

Wenn jedoch bereits eine Vorlage existiert, können die Programme ihre Vorteile nicht mehr ausspielen, und auch hier konnte ich kein Programm finden, das mit TMs und Glossaren arbeiten kann, das also Übersetzer:innen auf dieser Ebene einen echten Mehrwert gegenüber den kostenlosen Versionen bietet. Wer häufig Untertitel ohne Vorlage erstellt, für den sind die 1500 – 2200 € gut angelegtes Geld, da die zeitintensiven Aufgaben Spotting und Timing deutlich leichter und schneller von der Hand gehen. Für alle anderen sind die kostenlosen Möglichkeiten auf jeden Fall eine attraktive Option.

+ Zahlreiche Automatiken für die Erstellung
+ Riesiger Funktionsumfang
– teuer
– kein echter Mehrwert bei reinen Übersetzungen

Kein Alleskönner für Untertitel

Alle vorgestellten Programme haben ihre Stärken und Schwächen – daher kann es auch keine klaren Sieger oder Empfehlungen geben. Wer häufig Videos mit Glossaren untertitelt, auf Translation Memories nicht verzichten möchte oder sich nicht so sehr mit der Feinarbeit an den Untertiteln beschäftigen muss, für den sind die Plug-ins der CAT-Tools sicherlich besonders interessant. Wer genau diese Feinheiten berücksichtigt, selbst Hand anlegt und sich nicht nur auf die Vorlage verlassen möchte, und wer obendrein beim Übersetzen auch klassische Handarbeit nicht scheut, der ist mit den kostenlosen Programmen bestens versorgt. In diese lassen sich im Übrigen auch die fertigen und abgespeicherten Übersetzungen aus dem CAT-Programm laden, um die Vorteile aus beiden Bereichen zu nutzen. Wenn man schließlich schwerpunktmäßig an Untertiteln ohne Vorlage arbeitet, dann sind die Automatikfunktionen der Bezahlprogramme ein Segen und sparen viel Zeit. Es gilt also (wie eigentlich immer), genau auf die eigenen Anforderungen und die der Kunden zu schauen und auf dieser Grundlage die passende Lösung auszuwählen.

DVÜD-Gastautor Heiko Pfeil hat sein Englischstudium um einen Abschluss als technischer Produktdesigner für Maschinen- und Anlagenkonstruktion ergänzt. Er übersetzt schwerpunktmäßig Englisch <> Deutsch im technischen Bereich. Seit 2018 unterstützt er den DVÜD als aktives Beiratsmitglied.

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