Der letzte Artikel unserer Themenwoche widmet sich dem letzten Schritt vor der Veröffentlichung des Spiels: Dem Language-Quality-Assurance-Testing (LQA-Testing). Bekanntermaßen sehen vier Augen ja mehr als zwei. Deshalb wird jede Übersetzung im Idealfall auch noch lektoriert, um einzelne Fehler zu verbessern. Bei Computerspielen gibt es vor der Veröffentlichung dann noch einen Schritt: Die LQA. Die Studios schicken einen mehr oder weniger fertigen Build des Spiels an eine auf LQA spezialisierte Firma. Dort prüfen Muttersprachler:innen verschiedener Sprachen das gesamte Spiel auf Herz und Nieren, überprüfen die Übersetzung und suchen nach Bugs, also Fehlern, die dadurch entstehen. Aber wie sieht so ein Spiel hinter den Kulissen aus? Was macht man als LQA-Tester:in? Und wird man wirklich fürs Spielen bezahlt?

Der Teufel steckt im Detail

Man kann sich das Spiel auf dem Bildschirm als eine Ansammlung verschiedener, unsichtbarer Boxen vorstellen: In einer Box sieht man das Spielgeschehen, in einer anderen das gerade ausgerüstete Item. In wieder einer anderen steht der Untertitel zu der Audiospur, mit der ein NPC dem Spieler gerade über Funk wichtige Informationen zu einer Quest gibt. Besonders viele dieser Boxen gibt es im Einstellungsmenü. Je nach Ausgangs- und Zielsprache schaut man hier besonders danach, dass jeder Text auch in seiner eigenen Box bleibt und passt ihn entsprechend an, wenn ein Fehler auftritt.

Das LQA-Team überprüft die Lokalisation auf verschiedene Szenarien und Bugs:

  • Audio-Cutoffs: Eine Audiospur endet abrupt, wird von einer anderen unterbrochen, ist nicht laut genug, stimmt nicht mit dem angezeigten Untertitel überein etc.
  • Text-Cutoffs: Der Text ist zu lang für die Box und nicht ganz lesbar.
  • Overlaps: Der Text einer Box überlappt den Text einer anderen.
  • Overruns: Der Text ist zu lang für die Box oder ein Zeilenumbruch fehlt, sodass er über die Box hinausragt.
  • Sonderzeichen (Umlaute etc): Je nach Sprache fallen verschiedene Umlaute an, die falsch dargestellt werden können.
  • Fehler in Rechtschreibung und Grammatik: Alles, was das die Übersetzer:innen, das Lektorat und die Rechtschreibprüfung übersehen haben, beheben die LQA-Tester:innen.
  • Kulturelle Besonderheiten: Die Spielinhalte müssen zum jeweiligen Land passen. Wird ein Spiel für den arabischen oder japanischen Sprachraum lokalisiert, gelten andere Regeln und Einschränkungen als für die meisten europäischen Länder. Dazu könnt ihr euch das Video zu “Witcher 3: Wild Hunt” anschauen.
    Für Deutschland galt lange Zeit, dass die Zeit des zweiten Weltkrieges und ihre Symbole zensiert werden. So zum Beispiel bei der Wolfenstein-Spielreihe. Mittlerweile wurden die Regelungen etwas gelockert.
  • Tastenbelegung und -benennung: Im Tutorial wird angezeigt, dass der Charakter springt, wenn der Spieler die Leertaste drückt. Ist das auch wirklich so? Außerdem haben die Spielefirmen verschiedene Anforderungen: Ob eine Taste “Taste” oder “Knopf” heißt, ist von Entwickler zu Entwickler unterschiedlich. Diese Vorgaben müssen eingehalten werden.

Pflaster drauf und pusten reicht nicht

Es gibt jede Menge Bugs, die in einem Spiel auftreten können und nicht immer hat das LQA-Team die Möglichkeit, sie eigenständig zu beheben. Neben dem Build bekommen Tester:innen oft auch eine Textdatei im .xls-Format, in der im Idealfall sämtliche Strings (also Textbausteine) des Spiels mit ID, Sprecher:in und weiteren Details aufgelistet sind. In vielen Fällen reicht schon ein Textchange: Man kürzt den Text des Strings einfach, damit er in die Box passt.
Reicht ein Textchange nicht, ist Bug-Report an den Entwickler sinnvoller, mit dem man die Entwickler bittet, die Textbox zu vergrößern. Bug-Reports lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen und gelten sprachenübergreifend. Das Team, das den Fehler entdeckt, verfasst einen entsprechenden Post, den dann auch Teams anderer Sprachen einsehen und kommentieren. Natürlich darf unser Text nicht unter den Kürzungen leiden. Es sollten keine Abkürzungen vorkommen und die Aussage des Originals sollte erhalten bleiben.

LQA ist oft eine knifflige Angelegenheit, deren Ergebnisse nicht immer auch im Spiel landen. Für die Tester:innen haben die Funde höchste Priorität. Die Entwickler:innen schlagen sich aber möglicherweise mit einem sogenannten „game-breaking-bug“ herum, also einem Fehler, durch den das Weiterspielen unmöglich ist oder das Spiel abstürzt. Der hat dann oberste Priorität. Aber natürlich ist es auch im Interesse der Entwickler, ein Spiel möglichst fehlerfrei auf den Markt zu bringen.

Auf der anderen Seite ist LQA ein unglaublich dankbarer Job: Man adoptiert das getestete Spiel regelrecht (so es denn halbwegs den eigenen Geschmack trifft) und erinnert sich auch Jahre später noch daran, wo welcher Bug war. Man wird zwar nicht fürs Spielen an sich bezahlt, aber für einen kleinen Highscore-Wettbewerb mit Kollegen an der Ingame-Schießbude ist allemal Zeit.

Tipps und Tricks für Übersetzer:innen

Was heißt das für uns Übersetzer:innen? Wie kann man die Arbeit des LQA-Teams möglichst angenehm gestalten?
Da Spiele fast ausschließlich mit CAT-Tools übersetzt werden, bekommen wir viele Hilfsmittel an die Hand. Auf diese Punkte sollte man achten:

  • Zeichenbegrenzungen: Der Text der Zielsprache sollte nicht viel länger als der Originaltext sein, sonst darf das LQA-Team den Overrun ausbügeln.
  • Tags: Oft sind Zeilenumbrüche, Controller-Tasten und Ähnliches mit Tags markiert. Achtet darauf, die immer zu übernehmen.
  • Sonderzeichen: Achtet auf Entwicklervorgaben zu geschützten Leerzeichen und Ähnlichem.
  • Consistency: Wenn ihr im Team übersetzt und einmal festgelegt habt, dass “path” “Pfad” und nicht “Weg” ist, dann bleibt dabei. Die Konkordanzsuche ist euer bester Freund.
  • Wer nicht fragt, bleibt dumm: Nutzt die Möglichkeit, den Entwicklern Fragen zu stellen, um Begriffe und Konzepte zu klären.

Ihr seht also: Hinter der Veröffentlichung eines PC-Spiels steckt viel Arbeit. Alle Glieder der Kette müssen professionell zusammenarbeiten, damit die Spieler:innen am Ende auch ein immersives Spielerlebnis bekommen.

Alexandra Jordan ist stellvertretende Beiratsvorsitzende des DVÜD e.V. und übersetzt hauptsächlich Literatur und Videospiele.

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