Zur Freiberuflichkeit gehört auch die Auseinandersetzung mit der nötigen Bürokratie. Nicht alles muss von Anfang an perfekt sein, aber manche Dinge solltest du schon in den ersten Wochen klären.

Gewerbe oder freiberuflich?

Übersetzen und Dolmetschen gehören als sogenannte „Katalogberufe“ zu den freiberuflichen Tätigkeiten (wie Journalismus, ärztliche Tätigkeit, Steuerberatung, Rechtsberatung). Die Freiberuflichkeit gilt aber nur, solange du für deine Leistung persönlich qualifiziert bist und sie selbst erbringst.

Wenn du dich im Team mit anderen zusammenschließt, damit ihr weitere Sprachpaare oder Themen abdecken könnt, kann das schnell schwierig werden. Dann rutscht ihr leicht in eine gewerbliche Tätigkeit, für die andere rechtliche und steuerliche Bedingungen gelten (Gewerbesteuer, IHK-Zugehörigkeit, Rechtsform usw.) – und die gelten im Zweifelsfall plötzlich für deine gesamte Tätigkeit, nicht nur für diesen einmaligen Auftrag. Das bringt eine Menge Bürokratie mit sich. Lass dich bei einer Gemeinschaftsgründung bitte individuell beraten – oder empfiehl für sonstige Tätigkeiten einfach andere Selbstständige aus deinem Netzwerk.

Verschiedene Kunden akquirieren

Nicht selten arbeiten Übersetzerinnen und Dolmetscherinnen anfangs für ehemalige Arbeitgeber. Das kann sehr praktisch sein, weil hier noch Kontakte bestehen und die ehemaligen Kollegen wissen, was man kann und wie man arbeitet.

Wichtig ist, dass dein Einkommen aus verschiedenen Quellen stammt – das erleichtert das Aushandeln vernünftiger Honorare, macht weniger abhängig von Geschäftslage und Entscheidungen der Kunden und beugt dem denkbaren Vorwurf einer Scheinselbstständigkeit vor (siehe FAQ). Bemühe dich also regelmäßig aktiv um Akquise (hierzu bringen wir im Herbst noch eine eigene Themenwoche). Dies kann nicht nur über Bewerbungen bei Agenturen erfolgen, sondern auch durch gezieltes Netzwerken im Kollegenkreis und das Zugehen auf deine Kunden im Rahmen von deren Verbänden und Veranstaltungen.

Steuer und Finanzamt

Wie man eine ordnungsgemäße Rechnung erstellt, ist in unserer FAQ beschrieben. Die gängigen Buchführungsprogramme für Soloselbstständige und Freiberufler sollten alle erforderlichen Daten auch aktiv abfragen bzw. in der Folge selbst generieren. Damit ist vielen Anforderungen der Bürokratie schon Genüge getan.

Du brauchst vom Finanzamt eine eigene Steuernummer (das ist NICHT deine Steueridentifikationsnummer). Dort kannst du gleich bei der Gründung auch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID) beantragen, die du für die korrekte Umsatzsteuerabrechnung brauchst. Das ist nicht nur für bestimmte Kundenbeziehungen in der EU relevant, sondern auch für den Erwerb von Produkten oder Software aus anderen EU-Ländern. Die USt-ID kannst du auch später noch beantragen, aber dann über eine andere Behörde (mehr dazu beim BZST). Über diese Nummer musst du umgekehrt auch bei deinen EU-Kunden prüfen, ob deren angegebene Umsatzsteuernummer korrekt und gültig ist.

Die Kleinunternehmerregelung

Bis zu einem Jahresumsatz von 22.000 EUR kannst du in Deutschland für den Einstieg die Kleinunternehmerregelung nach §19 UstG wählen (mehr dazu z B. hier). Du berechnest in diesem Fall keine Umsatzsteuer, kannst aber auch keinen Vorsteuerabzug für die von dir gezahlte Umsatzsteuer anderer Unternehmen geltend machen. Und du kannst keine USt-ID beantragen (ziemlich praktisch, um innerhalb der EU die eigene Unternehmertätigkeit nachzuweisen).

Die Buchhaltung ist etwas einfacher, und du sparst dir die Umsatzsteuerabrechnungen gegenüber dem Finanzamt und die Zusammenfassende Meldung (ZM), in der du angibst, was für EU-Umsätze du gemacht hast. Die nötigen Floskeln für deine Kleinunternehmer-Rechnung findest du hier.

Die Kleinunternehmerregelung kann in bestimmten Lebensphasen praktisch sein. Ansonsten solltest du diese Grenze von 1833 Euro Umsatz (NICHT Einkommen) im Monat, von denen du alle deine Geschäftskosten, Sozialversicherung und Altersvorsorge decken musst, nur als Ausgangsbasis betrachten. Um dauerhaft vom Übersetzen und Dolmetschen leben zu können, muss es dein Ziel sein, sie möglichst bald zu überschreiten. Auch wenn du dadurch nach kurzer Schonfrist umsatzsteuerpflichtig wirst und auch wenn dies mehr Bürokratie mit sich bringt.

Individuelle Auskünfte erteilt eine Steuerberatungskanzlei. Natürlich kannst du dir alles selber beibringen, aber es ist sinnvoll, Personen einzubeziehen, die sich tagtäglich mit der Materie befassen. Außerdem spart das viel Zeit sparen, in der du vielleicht lieber übersetzt.

Umsatzsteuerpflicht

Wenn du umsatzsteuerpflichtig bist (oder dich dafür entscheidest), weist du die jeweils gültige Umsatzsteuer auf deiner Rechnung aus. Privaten Kunden (B2C) berechnest du in der Regel die deutsche Umsatzsteuer. Für EU-Kunden berechnest du keine Umsatzsteuer. Stattdessen gehören für B2B-Geschäfte bestimmte Hinweise in der Landessprache zum Reverse-Charge-Verfahren auf die Rechnung. Die Floskeln dafür findest du bei den IHKs (zum Beispiel bei der IHK Hamburg). Wenn du eine Reverse Charge-Rechnung schreibst, musst du auch eine ZM abgeben. Dazu brauchst du die Umsatzsteuer-ID deines Kunden. Typische übersetzerrelevante Szenarien, nach denen immer wieder gefragt wird, beschreibt Per Döhler in seinem Leitfaden, den du auf der Triacom-Website als PDF herunterladen kannst.

DSGVO

Der Kürzel DSGVO bezieht sich auf die Datenschutzgrundverordnung, die dazu dient, die personenbezogene Daten deiner Kunden vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Ganz ohne Kundendaten kann kein Unternehmen existieren. Du brauchst sie zum Beispiel für die Rechnungserstellung, für die Akquise (nicht jedes Angebot wird ein Auftrag, trotzdem hast du schon Daten gespeichert) und innerhalb gewisser Grenzen auch für Werbung. Wichtig ist, dass du mit den erhobenen Daten verantwortungsbewusst umgehst.

Welche Daten du zu welchem Zweck erhebst, beschreibst du in deinem individuellen „Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten“ (mehr dazu in unserer FAQ). Wenn du beim Berufseinstieg strukturiert vorgehst, ist es gar nicht so schwer, nebenher ein solches Verzeichnis zu erstellen und die entsprechenden Routinen auch technisch zu installieren. Achte dabei auch auf den besonderen Schutz sensibler Daten innerhalb von Dokumenten und lösche diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt.

Noch mehr Bürokratie: Aufbewahren, GoB, GoBD

Als Freiberufler:in unterliegst du den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung (GoB) – deine Buchführung sollte vollständig, klar und übersichtlich sein. Mit üblichen Buchführungsprogrammen bist du da auf einem guten Weg. Außerdem bist du verpflichtet, deine Geschäftsunterlagen über bestimmte Zeiträume aufzubewahren, und zwar in der Form, wie du sie erhalten hast und unveränderlich. Relativ übersichtlich sind die Grundlagen hier dargestellt. Für elektronische Daten (Mails, PDF-Rechnungen usw.) gelten die Regeln der GoBD, die den Datenzugriff der Finanzbehörde bei einer digitalen Steuerprüfung einschließt.

Erst nach Ablauf der jeweiligen Frist darfst du Unterlagen datenschutzkonform vernichten.

Krankenversicherung

Pflichtversichert, freiwillig gesetzlich oder privat? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, weil sie auch mit deinen Lebensumständen und eventuellen Vorerkrankungen zusammenhängt. In jedem Fall sind Selbstständige krankenversicherungspflichtig. Einige Eckdaten hat die IHK Rhein-Neckar zusammengestellt.

Altersvorsorge

Blende die Altersvorsorge nicht aus, sondern lass dich individuell beraten. Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt du dich selbstständig machst, hast du vielleicht schon Rentenansprüche angesammelt. Oder es kommt unerwartet ein verlockendes Festangebot, und auf einmal arbeitest du wieder angestellt. Einige Aspekte haben wir auf unserem Blog 2019 näher beleuchtet.

Politisch solltest du davon ausgehen, dass eine Vorsorgepflicht kommt. Lobbyarbeit für Selbstständige und Gründer betreibt der VGSD, der vor der Bundestagswahl 2021 die Pläne der Parteien abgefragt hat.

Diese Punkte zur Bürokratie für Freiberufler sind nicht abschließend, sollten dich aber nicht abschrecken. Vieles ergibt sich Stück für Stück, und es gibt immer kompetente Leute, die du fragen kannst. Die jeweiligen Links sind nicht als Empfehlung oder Werbung ohne Auftrag zu verstehen, sondern wurden nach dem Kriterium der Übersichtlichkeit ausgewählt.

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