Rentenpflicht für Selbstständige?

Der DVÜD vertritt ausdrücklich die Interessen der freien Übersetzer und Dolmetscher in Deutschland, die sich als selbstständige Unternehmer verstehen — ob in Vollzeit oder in Teilzeit, ob hauptberuflich oder nebenberuflich.

Für die finanzielle Absicherung im Alter gibt es unterschiedliche Modelle, die wir nachfolgend aufzählen. Die Reihenfolge drückt ausdrücklich keine Präferenz oder Empfehlung zur Altersvorsorge aus:

1. Gesetzliche Rentenversicherung (GRV)

1.1 Pflichtmitgliedschaft

Unter bestimmten Umständen ist man auch als Selbstständiger Pflichtmitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das gilt insbesondere

  • wenn man vorwiegend für nur einen Auftraggeber arbeitet (Gefahr der Scheinselbstständigkeit)
  • wenn man einen Teilzeitjob hat und parallel dazu seine Selbstständigkeit aufbaut (dann sind beide Tätigkeiten versicherungspflichtig)
  • für Literaturübersetzer*innen, die in der Künstlersozialkasse (KSK) als Sonderregelung wie Arbeitnehmer nur den halben Beitrag zahlen. Der Arbeitgeberanteil ihrer Beiträge stammt aus der Künstlersozialabgabe, die alle Auftraggeber*innen zahlen müssen, die „nicht nur gelegentlich“ freischaffende Künstler*innen oder Publizist*innen beauftragen und ihre Werke für das eigene Unternehmen nutzen.

Einen ersten Überblick verschafft dieses PDF der GRV, schön übersichtlich ist auch diese Darstellung seitens der Deutschen Rentenversicherung..

Wenn andere, nicht-künstlerische Tätigkeiten einen Gewinn abwerfen, der über einen 450-Euro-Job bzw. 5.400 Euro hinausgeht, kann die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (nicht die in der GRV) erlöschen. Mehr dazu in diesem PDF der KSK zu Nebenjobs.

1.2 Freiwillige Mitgliedschaft

Die gesetzliche Rentenversicherung erhebt derzeit (2019) Beiträge in Höhe von 18,6 Prozent des Gewinns.

Eine Mitgliedschaft in der GRV kann für Selbstständige bei wechselnden Erwerbsbiographien oder mehreren Kindern (Kindererziehungszeiten) sinnvoll sein (siehe auch PDF-Link unter 1.1), zum Beispiel wenn jemand nur in einer bestimmten Lebensphase selbstständig arbeitet, längere Zeit angestellt war oder längerfristig in eine Angestelltentätigkeit zurückkehren möchte. So kann man weiter Rentenpunkte sammeln.

Mit regelmäßiger Beitragszahlung erwirbt bzw. erhält man auch das Anrecht auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente und auf Reha-Maßnahmen. Im Todesfall besteht eine gewisse Grundabsicherung für Angehörige (Witwen-/Witwer-/Waisenrente).

Über internationale Sozialversicherungsabkommen werden diverse Ansprüche anerkannt, die in anderen Ländern erworben wurden – das kann freien Übersetzern und Dolmetschern helfen, die längere Zeit im Ausland verbringen.

2. Private Rentenversicherung

Private Rentenversicherungsverträge basieren auf Kapitaleinzahlungen, die verzinst oder in Fonds (Aktien, Rentenpapiere) angelegt werden. Achtung, eine private Rentenversicherung sollte stets durch weitere Versicherungen ergänzt werden (Berufsunfähigkeit, Unfall, schwere Krankheit etc.) und eine flexible Beitragsgestaltung gestatten, die unterschiedliche Lebensphasen berücksichtigt. Hierzu sollte man sich umfassend beraten lassen, ob bei einem Versicherungsmakler vor Ort oder einem spezialisierten Makler wie MG Denzer, der auf Übersetzer und Dolmetscher zugeschnittene Angebote bereithält.

3. Rürup-Rente

Die Rürup-Rente ist zur Basisvorsorge gedacht und damit bisher der Ersatz für GRV oder berufsständische Versorgungswerke. Die Beiträge sind größtenteils steuerlich absetzbar, müssen dafür aber im Alter versteuert werden. Mehr zur Rürup-Rente.

4. Presseversorgungswerk

Freie Übersetzer und Dolmetscher (wir haben ausdrücklich nachgefragt), Lektoren, Online-Redakteure, Texter und viele andere “pressefähigen” Berufsgruppen können sich über das Presseversorgungswerk absichern, das bereits seit 70 Jahren besteht. Das Vorsorgespektrum ist breit und umfasst Produkte wie private Rentenversicherung, Riester-Rente, Rürup-Rente oder Kapitallebensversicherungen (siehe unten) von großen Versicherungsgesellschaften. Durch den Überschussverzicht der Gesellschafter ergibt sich bei den Produkten eine derzeit überdurchschnittliche Gewinnbeteiligung.

Dieses einzige uns bekannte Versorgungswerk für Übersetzer hat uns Michael Mehlhose, Generalvertreter der Allianz und offizieller Beauftragter des Versorgungswerks der Presse, beim Teamwochenende in Frankfurt am Main näher erläutert.

5. Privater Vermögensaufbau

Laut einer Studie des DIW sorgt der weitaus größte Teil der Selbstständigen insbesondere durch privaten Vermögensaufbau für das Alter vor, insbesondere wenn sie das Angesparte einmal vererben möchten. Private Vermögensgewinne müssen bei Realisierung (z.B. Verkauf von Wohnung oder Aktien) versteuert werden und zählen für die Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung mit. Die Verbraucherzentrale hält eine Checkliste zur Vorbereitung auf ein Beratungsgespräch zum Thema Geldanlage bereit.

5.1 Immobilien (eigengenutzt oder vermietet)

Eine eigengenutzte Immobilie sollte bis zum Renteneintritt abbezahlt sein, um im Alter mietfrei wohnen zu können. Dabei sollte man Erhaltungsmaßnahmen und energetische Optimierung im Blick behalten, um auf Dauer auch die Nebenkosten niedrig zu halten.

Bei einer vermieteten Immobilie stehen Zustand, Schnitt und Lage im Vordergrund, und es entsteht ein gewisser Verwaltungsaufwand. Vorteile: Bei guten Mietern bekommt man regelmäßige Zahlungen und profitiert von steigenden Immobilienwerten. Nachteile: Immobilienwerte können nachfrageabhängig stark schwanken, Verwaltungsaufwand, mitunter Leerstandsphasen (z.B. bei größeren Renovierungsmaßnahmen) oder Mietausfall.

5.2 Aktien und andere Wertpapiere

Ist dein Geschäftsmodell gewinnträchtig und solide? Dann investiere zuallererst in dein eigenes Unternehmen – in erstklassige Hard- und Software, eine sichere Cloudlösung, ein ergonomisch ausgestattetes Büro, Weiterbildung, Mitgliedschaften (ja, mehrere!) in Verbänden, die dich weiterbringen und vernetzen, in deinen Geschäftsauftritt, Rechtssicherheit, solide Rücklagen und vieles mehr.

Sobald der Umsatz eine angemessene Höhe erreicht, lohnt es sich, das Geld auch in anderen zukunftsträchtigen Unternehmen anzulegen. Wer wenig von Wirtschaft und Aktien versteht, sollte sich unbedingt seriös beraten lassen, die Depotgebühren im Blick behalten und das Risiko streuen.

5.3 Lebensversicherung

Hier ist zwischen der Kapitellebensversicherung und der Risikolebensversicherung zu unterscheiden. Die Kapitallebensversicherung bildet Kapital (ähnlich wie eine Rentenversicherung), verzinst es, schüttet Gewinnbeteiligungen aus und sichert zusätzlich im Todesfall die Angehörigen ab.

Die Risikolebensversicherung bietet den Todesfallschutz deutlich günstiger an und kann eine vorhandene andere Altersvorsorge somit durch eine Komponente zugunsten von Angehörigen ergänzen.

5.5 Sonstiges Vermögen

Unter diese Rubrik fallen Kunstwerke, Schmuck, Sachwerte wie Gold, Firmenanteile, Teilhaberschaften und vieles mehr.

Was sagt die Politik?

Derzeit scheint die Bundesregierung möglichst viele Solo-Selbstständige zu Pflichtmitgliedern der GRV machen zu wollen. Die Aussagen der Parteien von 2017 (letzte Bundestagswahl) hatte der DVÜD in seinen Wahlprüfsteinen (Block C, Punkt 2) zusammengefasst. Die ausführlichen Antworten der Parteien können DVÜD-Mitglieder nach wie vor im Mitgliederbereich abrufen. Bitte beachtet hierzu auch die Arbeit unseres Partnerverbands VGSD, die wir aufmerksam begleiten.

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