Was kann ich selbst dafür tun?

Gastbeitrag von Heiko Pfeil

In der NZZ ist am 15. Mai 2020 ein wunderbarer Artikel von Philipp Gollmer darüber erschienen, warum das Leben im Home-Office mit seinen zahlreichen Online-Meetings ermüdend sein kann. Dort werden wichtige Punkte angesprochen, darunter fehlende Kommunikationskanäle oder die systembedingten leichten Verzögerungen, die leider unvermeidlich sind, und Gollmer nennt wertvolle Verhaltensregeln, die allen Beteiligten eine Teilnahme an der Arbeits- und Freizeitgestaltung vor dem Monitor erleichtern.

Jedoch kann auch jede*r Einzelne mit überschaubarem finanziellem Einsatz das Leben vor dem Monitor während Online-Meetings für sich selbst und andere angenehmer gestalten – ein wenig Eigeninitiative vorausgesetzt. Diese Möglichkeiten möchte ich hier vorstellen.

Kostenlose Tricks für mehr (Lebens-)Qualität in Online-Meetings

Für eine bessere Bildqualität kann jede*r den ersten Schritt machen – denn damit die Kameralinse ein sauberes Bild aufnimmt, sollte sie sauber sein. Das mag banal klingen, aber Staub, Fingerabdrücke und auch Klebstoffreste durch wiederholtes Abkleben bleiben haften und hinterlassen Spuren. Es kostet nichts, die Linse zu reinigen – und der Dank der Kolleg*innen und Freund*innen ist gewiss.

Zu Recht erwähnt Gollmer auch, dass langes Sitzen vor dem Monitor ermüdend ist, und rät zu Bewegung. Dabei besteht vor dem eigenen Computer kein Sitz-Zwang – im Gegenteil! Wer Monitore mit höhenverstellbarem Fuß (oder noch besser, mit Schwenkarm) sein Eigen nennt, kann diese einfach in eine hohe Position stellen oder bei Bedarf etwas unter den Fuß legen, sodass Bild und Kamera auch im Stehen stets auf Augenhöhe liegen – was auch den geraden Blick direkt in die Kamera und damit in die Augen der Gegenüber in Online-Meetings erleichtert.

Hier höre ich allerdings die Notebook-Nutzer aufschreien, da ihre Geräte natürlich nicht höhenverstellbar sind – oder etwa doch? Selbstverständlich sind sie es, da die Geräte leicht genug sind, um sie sicher auf beispielsweise einem Umzugskarton zu platzieren oder auf einem freien Regalboden abzustellen. Die Höhe ist auf diese Weise individuell passend und sinnvoll wählbar. Wer so die Flexibilität des eigenen Arbeitsplatzes nutzt, erhält zusätzliche Bewegungsfreiheit, über die sich Körper und Geist gleichermaßen freuen.

Wo wir gerade beim Thema Notebook sind: Natürlich ist es verlockend, das Gerät auf die Terrasse mitzunehmen oder am Wohnzimmertisch nebenbei Kaffee zu trinken – mit langen Akkulaufzeiten wirkt das theoretisch auch sehr angenehm. Leider werden diese Laufzeiten jedoch durch intelligente Stromsparmaßnahmen erzielt – oder, um es deutlicher auszudrücken, mit deutlichen Leistungseinbußen im Akkubetrieb. In Videokonferenzen wird jedoch die volle Leistung benötigt, daher sollte es selbstverständlich sein, für diese Aufgaben stets am Stromnetz zu arbeiten.

Kleiner Preis, große Wirkung

Das Stichwort „Einstecken“ führt mich zum nächsten Punkt. Sowohl stationäre Rechner als auch Notebooks sind in viele Netzwerke drahtlos eingebunden. Dies ist bequem, es liegen keine Kabel herum, überhaupt ist es wunderbar komfortabel – aber kein Vorteil ohne Nachteil. Insbesondere in den heute noch verbreiteten 2,4-GHz-Netzwerken löst sich ein beträchtlicher Teil der Bandbreite förmlich in Luft auf. Wer dann noch mit einer geringen Bandbreite am Netz hängt, bekommt bei Audio- und Videoübertragungen schnell Probleme. Nicht nur, dass die anderen Teilnehmer*innen in Online-Meetings mitunter schwer verständlich sind – nein, auch das eigene Bild- und Tonsignal wird auf die geringe Bandbreite angepasst, sodass die Stimme nach Walkie-Talkie oder Tunneleinfahrt klingt und das Bild verpixelt und matschig wird – trotz sauberer Linse.

Auch hier ist es daher sinnvoll, auf die kabelgebundene Lösung zurückzugreifen. LAN-Kabel sind genormte Massenware und dementsprechend preisgünstig, 10 Meter sind schon für 10 € und weniger erhältlich. So steht die volle Bandbreite zur Verfügung, was schon bei einer Leitung von 6000 kbit/s eine Übertragung in einer Qualität ermöglicht, die ein normales Fernsehsignal deutlich übertrifft und sich fast auf HD-Qualität befindet. Auch das Risiko eingefrorener Bildschirme lässt sich mit dieser einfachen Stabilisierungsmaßnahme erheblich senken. Und ganz nebenbei: Die Datensicherheit ist in kabelgebundenen Netzen deutlich höher als im Funknetz.

Besser hören und verstehen in Online-Meetings

Nun können wir vor dem Rechner stehen, uns bewegen und übertragen die Signale sauber – aber wir sind für die anderen Teilnehmer*innen nicht mehr hörbar, weil das in die Kamera oder den Monitor integrierte Mikrofon zu weit weg ist. Hier haben wir gleich mehrere Möglichkeiten, das Problem zu umgehen. Am einfachsten ist natürlich der Anschluss eines Headsets mit Kopfhörern und Mikrofon über die integrierte 3,5 mm-Buchse oder drahtlos per Bluetooth. Einfache Geräte gibt es ab ca. 20 € im Handel, nach oben sind der Investitionsfreude, wie häufig in der Computertechnik, kaum Grenzen gesetzt. Dabei hat ein Headset nicht nur den Vorteil, dass niemand von außerhalb bei den Online-Meetings mithört und sich das Mikrofon stets in der Nähe des Mundes befindet – auch Rückkopplungen und Echos, die durch die zeitversetzte Dopplung der Lautsprechersignale entstehen, sind hiermit ausgeschlossen.

Profi-Equipment zum kleinen Preis

Nun mag es aber nicht jede*r, sich für Online-Meetings längere Zeit einen Kopfhörer aufzusetzen, manche wünschen sich eine professionelle Lösung. Doch Mikrofone wie im Rundfunkstudio sind teuer – oder nicht? Auch hier gibt es gute und preisgünstige Alternativen. Großmembran-Kondensatormikrofone mitsamt Pop-Schutz (also dem Schirm vor dem Mikro, der Plosive soweit abdämpft, dass sie in den Lautsprechern nicht unangenehm knallen), Stativ und federnder Mikrofonhalterung (praktisch, wenn im Gespräch die Katze mit dem Mikrofonständer schmusen will) sind in brauchbarer Qualität schon für ca. 30 € erhältlich und sowohl für Gespräche und Podcasts als auch für Gesang sehr gut geeignet. Auch für Dolmetscher, die auf erstklassige Sprachqualität angewiesen sind, oder Kolleg*innen, die gerne die Spracheingabe ihrer Software nutzen oder dies in Zukunft vorhaben, sind solche Mikrofone erste Wahl. Durch ihre Richtcharakteristik nehmen sie ebenfalls konstruktionsbedingt den Schall der Lautsprecher, der von hinten einstrahlt, nicht auf.

Wer möchte, kann sein Setup daher mit einem Lautsprecherpaar abrunden. Der Vorteil solcher externen Lautsprecher ist, dass sie nicht nur erheblich lauter sind als die eingebaute Standardausrüstung im Monitor- oder Notebookgehäuse, sie lösen dabei auch noch deutlich feiner auf und geben Nuancen von Stimme und Hintergrund entsprechend sauberer wieder. Auch dies ist nicht nur für die Arbeit von Vorteil, sondern auch für das Streaming von Musik oder Filmen. Außerdem sind sie mit vielen Mobiltelefonen kompatibel, die auf diese Weise ebenfalls aufgewertet werden können. Hier sind brauchbare Angebote bekannter Hersteller ebenfalls ab ca. 15 € auf dem Markt.

So viele Möglichkeiten – aber ist das nicht teuer?

Um das Ganze noch einmal zusammenzufassen, finden sich im Folgenden zwei Listen – einmal für die einfache Variante mit Headset, die zweite für die hochwertige Lösung mit Kondensatormikrofon und Lautsprecher.

Linsenreinigung KOSTENLOS
Notebook am Strom betreiben KOSTENLOS*
Kiste für Monitor/Notebook KOSTENLOS**
LAN-Kabel (10 m) 10 €
Headset mit Mikrofon 20 €  
Kondensatormikrofon   30 €
Lautsprecher (3,5 mm Klinke)   15 €
GESAMTKOSTEN 30 € 55 €

(Preise laut Google Shopping, großzügig aufgerundet)

* Netto ungefähr kostenneutral – der ansonsten dem Akku entnommene Strom wird schließlich auch wieder nachgeladen.

**Bei Bedarf (sollten im Haushalt also wirklich keine Kartons existieren) sind Umzugskartons für ca. 2,50 € im nächsten Baumarkt erhältlich.

Es ist also mit überschaubarem Aufwand möglich, viele einfache und praktische Lösungen zu finden und umzusetzen, um das Leben vor dem Bildschirm deutlich erträglicher zu gestalten. Zwar sind alle Maßnahmen keine Wundermittel – Verzögerungen durch den Plattformanbieter löst die beste und stabilste kabelgestützte Internetverbindung nicht auf –, aber viele große Ärgernisse lassen sich so ganz leicht vermeiden.

In diesem Sinne, viel Spaß bei der nächsten Videokonferenz, ganz gleich ob mit Kolleg*innen oder Freund*innen!


DVÜD-Gastautor Heiko Pfeil hat sein Englischstudium um einen Abschluss als technischer Produktdesigner für Maschinen- und Anlagenkonstruktion ergänzt. Er übersetzt schwerpunktmäßig Englisch <> Deutsch im technischen Bereich. Seit 2018 unterstützt er den DVÜD als aktives Beiratsmitglied.

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