Zu den erklärten Zielen des DVÜD e. V. gehört der Wunsch, für Übersetzer und Dolmetscher als Auftragnehmer, aber auch für unsere Auftraggeber mehr Transparenz zu schaffen: Wie entsteht der Quelltext? Was bedeutet „übersetzungsgerecht schreiben“? Welchen Einfluss haben gelungene Übersetzungen auf den Erfolg oder Misserfolg von Produkten. Um solchen Fragen praxisnah nachzugehen, haben Alexandra Jordan und Imke Brodersen für die Themenwoche Gaming 2020 das Karlsruher Unternehmen Gameforge um ein kurzes, schriftliches Interview gebeten. Sarah Beuter (Head of Localization) hat uns geantwortet.

Bitte stellen Sie Ihr Unternehmen kurz vor. Wie ist der Werdegang der Firma? Welche Spiele veröffentlichen Sie?

Gameforge wurde im Jahr 2003 in Karlsruhe von Alexander Rösner gegründet, das erste Spiel des Unternehmens war das von Rösner selbst entwickelte OGame. OGame ist heute noch beliebt und wird täglich von tausenden Menschen gespielt. Setzte das Unternehmen anfangs auf Browser-Spiele wie OGame oder Ikariam, kamen ab 2006 auch aufwändige Online-Rollenspiele (MMOs) dazu: Titel wie Metin2, Nostale, AION oder TERA entwickelten sich zu langlebigen Fan-Lieblingen.

Dieser Tage beschäftigt die Gameforge AG am Stammsitz Karlsruhe mehr als 300 Personen und betreibt rund 20 Spiele, die von Menschen in 75 Ländern gespielt werden.

In welcher Sprache entstehen die Spiele in Ihrem Haus? Entwickeln Sie inhouse oder arbeiten Sie mit anderen Studios zusammen?

Beides =) Einige unserer Spiele entwickeln wir selbst z.B. OGame oder Ikariam. Diese Spiele entstehen dann zunächst in deutscher Sprache. Gleichzeitig veröffentlichen wir als Publisher aber auch Spiele anderer Entwickler – mehrheitlich aus dem asiatischen Markt. Da bekommen wir dann koreanische oder chinesische (trad./simpl.) Sprachversionen geliefert.

Ab welcher Entstehungsphase berücksichtigen Sie den Übersetzungsprozess?

Wenn wir Spiele als Publisher herausbringen, dann rücken die Übersetzungen natürlich erst zur Fertigstellung des Titels in den Fokus, weil die Verträge mit den Entwicklern in aller Regel erst zu diesem Zeitpunkt geschlossen werden. Bei den inhouse produzierten Titeln achten wir in der Texterstellung natürlich darauf, dass sich diese gut in andere Sprachen transferieren lassen.

Wie läuft der Lokalisierungsprozess aus Ihrer Sicht ab?

Wir bekommen die Ausgangstexte in verschiedenen Formaten geliefert, vereinheitlichen alles und importieren sie in ein Content-Management-System (CMS), um sie dann in einem Translation Management System (TMS) zu übersetzen. Danach werden die Übersetzungen wieder über das CMS in die Spiele integriert. Schließlich schauen wir uns die Spiele in den übersetzten Versionen an, um alle Passagen im jeweiligen Kontext zu checken und inhaltliche Abweichungen oder Schönheitsfehler bei Bedarf zu beseitigen. Dieser Prozess ist für alle Spielinhalte im Grunde derselbe – unabhängig davon, ob es um ein neues Spiel oder „nur“ ein Update geht.

Arbeiten Sie bei der Lokalisierung mit Agenturen zusammen oder greifen Sie auf „Einzelkämpfer“ zurück?

Wir haben sowohl interne Übersetzer für unsere wichtigsten Sprachen, arbeiten aber auch mit Agenturen und mit „Einzelkämpfern“ zusammen.

Wie groß ist der Zeitdruck in der Branche generell? Wie viel wird davon auf den Lokalisierungsprozess übertragen?

Der Zeitdruck ist in den meisten Fällen sehr hoch. Das gilt aber mehr oder weniger für alle Departments. Die Spieler erwarten immer neue Features/Stories/Events. Zusätzlich werden die Spiele insgesamt und auch die Updates umfangreicher – das bringt eine Menge Arbeit mit sich. Der Lokalisierung kommt bei den meisten Projekten eine hohe Bedeutung zu. Daher spüren wir den Zeitdruck sehr direkt.

Wie stellen Sie sicher, dass die Lokalisierung auch in Sprachen, die vielleicht niemand im Team beherrscht, passend ist?

Wir vertrauen sehr auf die intensive Zusammenarbeit mit unseren Nutzer*innen, die uns über mehrere Wege Rückmeldung zu den Texten in den Spielen geben. Wenn wir Hinweise auf textliche Ungereimtheiten erhalten, führen wir ein entsprechende Evaluierung durch und passen je nach Bedarf an.

Welchen Anteil an den Gesamtkosten eines Projektes hat die Lokalisierung?

Das lässt sich nicht pauschal sagen. Tatsächlich variieren die Anforderungen und der Aufwand von Titel zu Titel teilweise sehr stark, sodasss auch das Budget sehr unterschiedlich ausfallen kann.

Mussten Sie wegen der Corona-Pandemie Ihre Arbeitsprozesse umstellen? Wurden Projekte oder Projektbausteine verschoben?

Da alle unsere Tools und Prozesse bereits vorher online verfügbar waren, mussten wir im Zuge der Pandemie keine größeren Änderungen in unseren Workflows vornehmen.

Vielen Dank, Frau Beuter, dass Sie sich für unsere Fragen Zeit genommen haben.

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