(Stand: 4.3.2020) Aus Sorge vor einer Verbreitung der Erkrankung Covid-19 werden derzeit viele internationale Veranstaltungen (wie zuletzt die ITB oder die Leipziger Buchmesse) abgesagt oder verschoben.

Wichtige Meetings können über Remote Interpreting auch im virtuellen Raum stattfinden, wie Caterina Saccani in einem Blogartikel für das Dolmetscher-Netzwerk Eloquens schildert. Diese Option könnte den Kunden kurzfristig die gewünschten Gespräche ermöglichen und die Geschäftsbeziehungen stabilisieren.

Falls dies im Einzelfall nicht möglich ist, fragen sich Dolmetscher und Dolmetscherinnen, die für Konferenzen und Messen engagiert waren, natürlich, wer den Honorarausfall zahlt. Können sie Ansprüche geltend machen, und wenn ja, wem gegenüber? Der DVÜD hat zu verschiedenen Szenarien recherchiert:

Szenario 1: Die Veranstaltung wird von einer Behörde untersagt

Laut einem Artikel der Berliner Zeitung vom 29.2.2020 prüft das Bundeswirtschaftsministerium anlässlich der Absage der Tourismusmesse ITB in Berlin Entschädigungsregelungen für betroffene Unternehmen. Bei unserem Anruf bei der Hotline wurden wir auf das Liquiditätshilfeprogramm für KMU bei der KfW (samt deren Hotline) verwiesen, das auch Freiberuflern offen stehe. Allerdings passen die Kriterien der KfW nicht auf Dolmetschende, weil es in erster Linie um größere Investitionen geht.

Szenario 2: Der Veranstalter sagt ab

Zur Risikoeinschätzung hat das Robert Koch Institut (siehe auch Bonusteil) einen kurzen Fragenkatalog für Großveranstaltungen erstellt. An  diesen Kriterien zu COVID-19 (PDF) orientieren sich derzeit insbesondere Veranstalter von Messen und Kongressen bei ihren Überlegungen, ob eine Absage geboten erscheint. In der Regel stehen die Veranstalter hier in engem Austausch mit der gastgebenden Stadt und dem zuständigen Gesundheitsamt. Es bestehen also Überlappungen zu Szenario 1.

Zwar können auch KMU einschließlich Freiberuflern Kurzarbeit wegen eines unabwendbaren, unvermeidbaren und vorübergehenden Arbeitsausfalls (mehr in diesem PDF der Arbeitsagentur) anmelden, doch dies gilt nur für arbeitslosenversicherungspflichtig Beschäftigte (die sonst womöglich entlassen werden müssten), nicht für die Freiberufler selbst.

Szenario 3: Eigene Quarantäne

In begründeten Verdachtsfällen oder bei einer nur leichten Erkrankung ist (in Abstimmung mit Arzt und zuständigem Gesundheitsamt) eine häusliche Quarantäne sinnvoll. Das RKI gibt klare „Hinweise zum ambulanten Management von COVID-19-Verdachtsfällen“.

Wenn durch behördlich angeordnete Quarantäne Einnahmeausfälle entstehen, die nicht durch Homeoffice-Tätigkeit aufgefangen werden können (Absage von Dolmetscheinsätzen und keine entsprechenden Übersetzungsaufträge), können freiberuflich Tätige ihre Umsatzeinbußen laut einer Meldung des VGSD vom 28.2.20 (der sich auf einen SWR-Beitrag vom 28.2.20 beruft) bei der anordnenden Behörde geltend machen.

Szenario 4: „Ich bleib lieber zu Hause.“

Umsatzausfälle werden behördlicherseits nur bei begründetem Verdacht erstattet (siehe Szenario 3 und Bonusteil). Sicherheitshalber mal 14 Tage zu Hause zu bleiben, um im Zweifelsfall niemanden anzustecken, ist also Selbstschutz oder (bei leichten Erkältungssymptomen ohne konkreten Verdacht) fürsorglich gegenüber den Mitmenschen, aber eine rein persönliche Entscheidung.

Vorsicht, hier könnte im Einzelfall auch der Auftraggeber auf Schadensersatz bestehen, wenn kein medizinischer Grund besteht, einen Einsatz abzusagen, bzw. wenn zum gleichen Honorar kein Ersatzdolmetscher gefunden werden kann.

Stornierung von Hotel und Fahrt

Bahntickets im Fernverkehr können laut einer Mitteilung der Deutschen Bahn vom 26.2.2020 im Rahmen einer Kulanzregelung kostenlos erstattet werden:

für Reisende mit Fahrscheinen in die vom Coronavirus betroffenen Gebiete in Italien hält die DB ihre Kulanzregelung aufrecht: Kunden, die ihre Reise nicht mehr antreten möchten, können ihren Fahrschein kostenfrei erstatten lassen. Gleiches gilt ab sofort für Reisende mit einer Fahrkarte des DB Fernverkehrs, bei denen der konkrete Reiseanlass aufgrund des Coronavirus entfällt (z. B. offizielle Absage einer Messe, eines Konzerts, Sport-Events o. ä.). Die kostenfreie Erstattung gilt auch für den Fall, dass ein gebuchtes Hotel im Zielort (ggf. im Ausland) unter Quarantäne steht. Wir bitten betroffene Kunden, sich an die Verkaufsstellen und die Kundenservice-Kanäle der DB zu wenden. (Hervorhebung durch den DVÜD)

Dies gilt ausdrücklich auch für Supersparpreis- und Sparpreistickets, die normalerweise von der Stornierung ausgenommen sind.

Bei Hotels kommt es auf die AGB des Hotels bzw. des Buchungsportals an. Häufig ist eine Stornierung bis 24 bzw. 72 Stunden vor der Reise möglich. Sollte man eine günstige Rate ohne Rücktrittsoption gebucht haben, dürfte es dem Hotel bei abgesagten Großveranstaltungen schwerfallen, dieses Zimmer kurzfristig wieder zu belegen. Dann bleibt man auf seinen Kosten leider sitzen. Zur Zahlungspflicht des Gastes informiert der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA seine Mitglieder in einem PDF (S. 8, III. Fokus Stornierungen).

Bei einer Airbnb-Buchung gelten ergänzend zu den regulären Stornierungsbedingungen, die zwischen Gastgeber und Buchenden vereinbart wurden, aktuell (Stand: 3.3.20) besondere Bedingungen für Buchungen in Italien oder Buchungen mit strengen Stornierungsbedingungen, die von südkoreanischen Gästen abgeschlossen wurden. Sie werden offenbar auf „flexibel“ umgestellt.

Bonusteil zu medizinischen Aspekten

Bei medizinischen Fragen ist das Robert Koch Institut Berlin (RKI) die seriöseste Quelle für Deutschland. Hier laufen alle Fäden zu Infektionskrankheiten, ihren Verbreitungswegen und aus medizinischer Sicht erforderlichen Reaktionen zusammen. Die Informationen werden regelmäßig aktualisiert. Dreisprachige Informationen für Reisende stellt das RKI in PDF-Form auf Deutsch, Englisch plus Italienisch, Farsi (Persisch), Chinesisch und Koreanisch bereit (Stand: 29.2.2020). Das Vorgehen zur Verdachtsabklärung ist klar geregelt (Link führt zu PDF mit Flussschema).

International informiert man sich zum aktuellen Stand  am seriösesten direkt bei der WHO.

Extrabonus zur Terminologie

Das Virus SARS-CoV-2 (internationale Bezeichnung auch: 2019-nCoV) kann die Lungenkrankheit COVID-19 verursachen. COVID-19 (auch: Covid-19) ist die Abkürzung für “Coronavirus Disease 19”, also für die Krankheit, nicht für das Virus.

Wie derzeit kursierende Prozentangaben zu Infektions-, Erkrankungs- und Sterbeziffern zustande kommen und warum Labortests für symptomfreie Personen ohne Kontakt zu einem bestätigten Fall oder Verdachtsfall nicht sinnvoll sind, erklärt der Virologe Christian Drosten wohltuend sachlich im NDR-Interview mit Korina Hennig (Podcast vom 28.2.2020; 34 Minuten; es erscheinen derzeit täglich neue Podcasts mit Herrn Drosten).

Fazit: Da noch viele Fragen ungeklärt sind, können diese Informationen nur ein Zwischenstand sein. Wenn wir insbesondere zu den Szenarien 1 und 2 Genaueres wissen, informieren wir an dieser Stelle mit Updates.

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